Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Bruns will mit dem Eichsfeld Gespräche „auf Augenhöhe“führen
Mühlhausen freut sich über Kreisstadtzuschlag, in Nordhausen dagegen sitzt der Schock über den Verlust tief
Mühlhausen/nordhausen.
„Wir sind erleichtert und stolz darüber, dass Mühlhausen im künftigen Landkreis in Nordwest-thüringen als Kreisstadt vorgesehen ist. Damit fiel die Entscheidung zugunsten der bestmöglichen Lösung für die Gesamtheit der hier lebenden Menschen.“So reagierte Mühlhausens Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) auf die Pläne des Thüringer Innenministeriums zur Kreisgebietsreform. Mühlhausen erhält damit gegenüber Heiligenstadt den Vorzug.
Johannes Bruns ist überzeugt, dass Mühlhausen als zentral gelegene und einwohnerstärkste Kommune aufgrund der guten Erreichbarkeit und der Infrastruktur in der Historie wie auch heute eine entscheidende Rolle im Alltag der Einwohner im Raum Nordwest-thüringen einnimmt. „Viele kommen regelmäßig oder gar täglich nach Mühlhausen zum Arbeiten, Einkaufen, für Behördengänge und zur Freizeitgestaltung“, so Bruns. Man werde alles daran setzen, dass Mühlhausen auch künftig eine starke und attraktive Kreisstadt für alle Bürger ist.
Aktionen sollen weitergehen
Bruns kündigte an, nun mit allen Partnern im Eichsfeld Gespräche auf Augenhöhe führen zu wollen, so mit dem Landrat und dem Bürgermeister der Stadt Heilbad Heiligenstadt. „Unser gemeinsames Ziel sollte es nun sein, konstruktiv und partnerschaftlich bestmögliche Strukturen für einen zukunftsfähigen Kreis zu schaffen.“
Unstrut-hainich-landrat Harald Zanker (SPD) sieht das Bündnis nach der Vorstellung der Pläne auf der Zielgerade, noch nicht aber am Ziel angekommen. „Wir haben einen von drei entscheidenden Schritten erfolgreich bewältigt. Der zweite muss dann in der kommenden Woche folgen, wenn am Dienstag das Kabinett den Vorschlag diskutiert. Die Entscheidung fällt dann im Herbst durch den Thüringer Landtag.“
Bis dahin wolle man auch an den Aktionen für den Erhalt des Kreisstadtstatus‘ festhalten. Wie genau die aussehen werden, darüber will sich das Aktionsbündnis am Dienstag nächster Woche verständigen. Bereits am Montag werden laut Zanker fünf Bürger 5000 Unterschriften für eine Kreisstadt Mühlhausen an den Thüringer Innenminister übergeben. Zweiter Schwerpunkt der Bemühungen werde nun der Kampf um einen Verwaltungssitz in der einstigen Kaserne am Stadtrand.
Die Hoffnungen darauf hatte Ende vorigen Jahres der Landesrechnungshof jäh getrübt, der den avisierten Kauf der Gebäude angesichts der finanziellen Lage als ein unzulässiges Rechtsgeschäft bezeichnet.
Wohlwollend nahm auch Tino Gaßmann, Kreistagsmitglied und Kreissprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Unstrut-hainich-kreis, den Vorschlag auf: „Mühlhausen erfüllt alle Voraussetzungen, die diese Entscheidung rechtfertigen.“Die Entscheidung sei keine gegen Heiligenstadt gewesen, sondern eine pro Mühlhausen. „Nun hoffen wir auf einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe zwischen den beiden Landkreisen, um die Fusion gut vorzubereiten. Außerdem ist es wichtig, dass nun die Zentralisierung der Verwaltung in der Görmar-kaserne zügig umgesetzt wird.“ Das Eintreten der Südharzer für Nordhausen als Kreisstadt blieb dagegen in Erfurt ungehört: Sondershausen soll Zentrum des neuen Landkreises im Thüringer Norden werden, ein Zusammenschluss von Südharz und Kyffhäuser.
So groß die Erleichterung darüber ist, dass der Kreis Sömmerda nun mit dem Weimarer Land zusammengehen soll, so groß ist der Ärger über die Absicht, Sondershausen zur Kreisstadt zu erklären. „Das finde ich tragisch und ärgerlich“, sagte der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD). Offenbar wolle die Landesregierung kleinere Städte stärken. Die Entscheidung zugunsten von Sondershausen widerspreche dem in Sachsen-anhalt beispielsweise verfolgten Modell, dass die jeweils größte Stadt Kreisstadt wird. „Es schadet der gesamten Region, wenn man die Starken künstlich schwächt. Das macht auch die Schwachen nicht stärker“, so Nordhausens Bürgermeisterin Jutta Krauth (SPD). Die Leistungskraft Nordhausens strahle historisch in den gesamten Thüringer Norden aus. Der Verlust des Kreisstadtstatus schwäche die bevölkerungsreichste Stadt der Region und somit den gesamten neuen Landkreis.
Krauth erinnert daran, dass Nordhausen in den 90er-jahren den Verlust von Finanzamt und Katasteramt im Laufe der Jahre zwar auffangen konnte. Artern und Sondershausen indes hätten diese Verlagerungen in ihre Städte nicht gestärkt, nicht vor dem weiteren Einbruch der Bevölkerungszahlen bewahrt.
Jendrickes Hoffnung, dass die Stadt Nordhausen Zentrum des neuen Kreises wird, erfüllt sich nicht, geht es nach den Plänen von Poppenhäger. Dennoch: Jendricke will sich nicht geschlagen geben: „Wer nicht kämpft, kann auch nicht gewinnen.“Man solle nicht glauben, dass schon alle Messen gesungen sind. Es liege nun in den Händen der Landtagsabgeordneten, sagte Jendricke mit Blick auf die anstehende Debatte im Parlament. Nach der Kabinettssitzung am Dienstag soll der Vorschlag Poppenhägers dem Landtag formell zugeleitet werden. Ein Beschluss dort steht für Herbst in Aussicht.
Im Rathaus will man nicht bloß zuschauen: „Ich werde zur nächsten Stadtratssitzung am 2. Mai Innenminister Poppenhäger und alle Nordhäuser zu einem Bürgerdialog einladen“, so Bürgermeisterin Jutta Krauth. Bei terminlichen Schwierigkeiten sei Poppenhäger auch Ende Mai willkommen. Ein Sonderstadtrat soll dann weitere Fusionen von Nordhausen mit Nachbargemeinden beschließen. Um welche Gemeinden es geht, mag sie noch nicht sagen. Vertraulichkeit wurde vereinbart.
Dem Innenminister wolle man jedenfalls darlegen, dass es „der Vernunft widerspricht, der größten und stärksten Stadt den Kreisstadtstatus zu nehmen. Zum anderen sollte der Innenminister den Nordhäusern vor Ort seine fachlichen Gründe gegen Nordhausen als Kreisstadt erklären.“
„Es gibt keine logische Erklärung, die diesen Vorschlag rechtfertigt“, meinte auch die Nordhäuser Landtagsabgeordnete Katja Mitteldorf (Linke). Sie vermisst im Entwurf der Landesregierung eine einheitliche Linie: „Auch Gotha und Mühlhausen sollen Kreisstädte werden, warum nicht Nordhausen?“Mitteldorf kündigt an, auf eine Änderung zu drängen. „Für mich kommt erst der Wahlkreis, dann die Koalition.“Sie ist sich sicher, „genug Mitstreiter in der Koalition“zu haben.
Landtagsabgeordnete Dagmar Becker (SPD) zeigt sich zunächst erfreut über den geänderten Kreiszuschnitt: „Das ist ein erster Schritt. Jetzt müssen wir versuchen, den zweiten zu gehen: politisch, mit diplomatischem Geschick“, sagt sie mit Blick auf die Kreisstadt-diskussion. Mit „platten Parolen“sollte nicht gekämpft werden, sagt Becker in Richtung Eichsfeld.
Kodratulla Arab Zada
Wohnort: Bornhagen Geboren am: 19. April Uhrzeit: 14.24 Uhr Größe: 52 Zentimeter Gewicht: 3710 Gramm Eltern: Riza Gol und Abdullah Arab Zada
Jan Siebert
Wohnort: Lengenfeld/stein Geboren am: 17. April Uhrzeit: 22.42 Uhr Größe: 54 Zentimeter Gewicht: 3780 Gramm Eltern: Anika und Tobias Siebert
Fotos: Eckhard Jüngel (4)
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