Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Bruns will mit dem Eichsfeld Gespräche „auf Augenhöhe“führen

Mühlhausen freut sich über Kreisstadt­zuschlag, in Nordhausen dagegen sitzt der Schock über den Verlust tief

- Von Claudia Bachmann und Kristin Müller

Mühlhausen/nordhausen.

„Wir sind erleichter­t und stolz darüber, dass Mühlhausen im künftigen Landkreis in Nordwest-thüringen als Kreisstadt vorgesehen ist. Damit fiel die Entscheidu­ng zugunsten der bestmöglic­hen Lösung für die Gesamtheit der hier lebenden Menschen.“So reagierte Mühlhausen­s Oberbürger­meister Johannes Bruns (SPD) auf die Pläne des Thüringer Innenminis­teriums zur Kreisgebie­tsreform. Mühlhausen erhält damit gegenüber Heiligenst­adt den Vorzug.

Johannes Bruns ist überzeugt, dass Mühlhausen als zentral gelegene und einwohners­tärkste Kommune aufgrund der guten Erreichbar­keit und der Infrastruk­tur in der Historie wie auch heute eine entscheide­nde Rolle im Alltag der Einwohner im Raum Nordwest-thüringen einnimmt. „Viele kommen regelmäßig oder gar täglich nach Mühlhausen zum Arbeiten, Einkaufen, für Behördengä­nge und zur Freizeitge­staltung“, so Bruns. Man werde alles daran setzen, dass Mühlhausen auch künftig eine starke und attraktive Kreisstadt für alle Bürger ist.

Aktionen sollen weitergehe­n

Bruns kündigte an, nun mit allen Partnern im Eichsfeld Gespräche auf Augenhöhe führen zu wollen, so mit dem Landrat und dem Bürgermeis­ter der Stadt Heilbad Heiligenst­adt. „Unser gemeinsame­s Ziel sollte es nun sein, konstrukti­v und partnersch­aftlich bestmöglic­he Strukturen für einen zukunftsfä­higen Kreis zu schaffen.“

Unstrut-hainich-landrat Harald Zanker (SPD) sieht das Bündnis nach der Vorstellun­g der Pläne auf der Zielgerade, noch nicht aber am Ziel angekommen. „Wir haben einen von drei entscheide­nden Schritten erfolgreic­h bewältigt. Der zweite muss dann in der kommenden Woche folgen, wenn am Dienstag das Kabinett den Vorschlag diskutiert. Die Entscheidu­ng fällt dann im Herbst durch den Thüringer Landtag.“

Bis dahin wolle man auch an den Aktionen für den Erhalt des Kreisstadt­status‘ festhalten. Wie genau die aussehen werden, darüber will sich das Aktionsbün­dnis am Dienstag nächster Woche verständig­en. Bereits am Montag werden laut Zanker fünf Bürger 5000 Unterschri­ften für eine Kreisstadt Mühlhausen an den Thüringer Innenminis­ter übergeben. Zweiter Schwerpunk­t der Bemühungen werde nun der Kampf um einen Verwaltung­ssitz in der einstigen Kaserne am Stadtrand.

Die Hoffnungen darauf hatte Ende vorigen Jahres der Landesrech­nungshof jäh getrübt, der den avisierten Kauf der Gebäude angesichts der finanziell­en Lage als ein unzulässig­es Rechtsgesc­häft bezeichnet.

Wohlwollen­d nahm auch Tino Gaßmann, Kreistagsm­itglied und Kreissprec­her von Bündnis 90/Die Grünen im Unstrut-hainich-kreis, den Vorschlag auf: „Mühlhausen erfüllt alle Voraussetz­ungen, die diese Entscheidu­ng rechtferti­gen.“Die Entscheidu­ng sei keine gegen Heiligenst­adt gewesen, sondern eine pro Mühlhausen. „Nun hoffen wir auf einen konstrukti­ven Dialog auf Augenhöhe zwischen den beiden Landkreise­n, um die Fusion gut vorzuberei­ten. Außerdem ist es wichtig, dass nun die Zentralisi­erung der Verwaltung in der Görmar-kaserne zügig umgesetzt wird.“ Das Eintreten der Südharzer für Nordhausen als Kreisstadt blieb dagegen in Erfurt ungehört: Sondershau­sen soll Zentrum des neuen Landkreise­s im Thüringer Norden werden, ein Zusammensc­hluss von Südharz und Kyffhäuser.

So groß die Erleichter­ung darüber ist, dass der Kreis Sömmerda nun mit dem Weimarer Land zusammenge­hen soll, so groß ist der Ärger über die Absicht, Sondershau­sen zur Kreisstadt zu erklären. „Das finde ich tragisch und ärgerlich“, sagte der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD). Offenbar wolle die Landesregi­erung kleinere Städte stärken. Die Entscheidu­ng zugunsten von Sondershau­sen widersprec­he dem in Sachsen-anhalt beispielsw­eise verfolgten Modell, dass die jeweils größte Stadt Kreisstadt wird. „Es schadet der gesamten Region, wenn man die Starken künstlich schwächt. Das macht auch die Schwachen nicht stärker“, so Nordhausen­s Bürgermeis­terin Jutta Krauth (SPD). Die Leistungsk­raft Nordhausen­s strahle historisch in den gesamten Thüringer Norden aus. Der Verlust des Kreisstadt­status schwäche die bevölkerun­gsreichste Stadt der Region und somit den gesamten neuen Landkreis.

Krauth erinnert daran, dass Nordhausen in den 90er-jahren den Verlust von Finanzamt und Katasteram­t im Laufe der Jahre zwar auffangen konnte. Artern und Sondershau­sen indes hätten diese Verlagerun­gen in ihre Städte nicht gestärkt, nicht vor dem weiteren Einbruch der Bevölkerun­gszahlen bewahrt.

Jendrickes Hoffnung, dass die Stadt Nordhausen Zentrum des neuen Kreises wird, erfüllt sich nicht, geht es nach den Plänen von Poppenhäge­r. Dennoch: Jendricke will sich nicht geschlagen geben: „Wer nicht kämpft, kann auch nicht gewinnen.“Man solle nicht glauben, dass schon alle Messen gesungen sind. Es liege nun in den Händen der Landtagsab­geordneten, sagte Jendricke mit Blick auf die anstehende Debatte im Parlament. Nach der Kabinettss­itzung am Dienstag soll der Vorschlag Poppenhäge­rs dem Landtag formell zugeleitet werden. Ein Beschluss dort steht für Herbst in Aussicht.

Im Rathaus will man nicht bloß zuschauen: „Ich werde zur nächsten Stadtratss­itzung am 2. Mai Innenminis­ter Poppenhäge­r und alle Nordhäuser zu einem Bürgerdial­og einladen“, so Bürgermeis­terin Jutta Krauth. Bei terminlich­en Schwierigk­eiten sei Poppenhäge­r auch Ende Mai willkommen. Ein Sonderstad­trat soll dann weitere Fusionen von Nordhausen mit Nachbargem­einden beschließe­n. Um welche Gemeinden es geht, mag sie noch nicht sagen. Vertraulic­hkeit wurde vereinbart.

Dem Innenminis­ter wolle man jedenfalls darlegen, dass es „der Vernunft widerspric­ht, der größten und stärksten Stadt den Kreisstadt­status zu nehmen. Zum anderen sollte der Innenminis­ter den Nordhäuser­n vor Ort seine fachlichen Gründe gegen Nordhausen als Kreisstadt erklären.“

„Es gibt keine logische Erklärung, die diesen Vorschlag rechtferti­gt“, meinte auch die Nordhäuser Landtagsab­geordnete Katja Mitteldorf (Linke). Sie vermisst im Entwurf der Landesregi­erung eine einheitlic­he Linie: „Auch Gotha und Mühlhausen sollen Kreisstädt­e werden, warum nicht Nordhausen?“Mitteldorf kündigt an, auf eine Änderung zu drängen. „Für mich kommt erst der Wahlkreis, dann die Koalition.“Sie ist sich sicher, „genug Mitstreite­r in der Koalition“zu haben.

Landtagsab­geordnete Dagmar Becker (SPD) zeigt sich zunächst erfreut über den geänderten Kreiszusch­nitt: „Das ist ein erster Schritt. Jetzt müssen wir versuchen, den zweiten zu gehen: politisch, mit diplomatis­chem Geschick“, sagt sie mit Blick auf die Kreisstadt-diskussion. Mit „platten Parolen“sollte nicht gekämpft werden, sagt Becker in Richtung Eichsfeld.

Kodratulla Arab Zada

Wohnort: Bornhagen Geboren am: 19. April Uhrzeit: 14.24 Uhr Größe: 52 Zentimeter Gewicht: 3710 Gramm Eltern: Riza Gol und Abdullah Arab Zada

Jan Siebert

Wohnort: Lengenfeld/stein Geboren am: 17. April Uhrzeit: 22.42 Uhr Größe: 54 Zentimeter Gewicht: 3780 Gramm Eltern: Anika und Tobias Siebert

Fotos: Eckhard Jüngel (4)

Nordhausen soll Status als Kreisstadt verlieren

 ??  ?? Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD) will sich nicht geschlagen geben. Er wolle mit aller Kraft dafür kämpfen, dass die sechstgröß­te Stadt in Thüringen ihren Kreisstadt­status behält. Foto: Marco Kneise
Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD) will sich nicht geschlagen geben. Er wolle mit aller Kraft dafür kämpfen, dass die sechstgröß­te Stadt in Thüringen ihren Kreisstadt­status behält. Foto: Marco Kneise
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany