Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Ex-minister will Freispruch
Der frühere Thüringer Staatskanzleichef Schöning steht ab Mittwoch wegen Betrugs vor Gericht
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Erfurt.
Ein Großteil der Schuld, die sich in Euro und Cent berechnen lässt, ist beglichen. Von den etwa 92 000 Euro, die Jürgen Schöning als Staatskanzleiminister gesetzeswidrig erhielt, stehen noch gut drei Raten mit insgesamt gut 10 000 Euro aus. Die Rückzahlung ist das Ergebnis des Urteils des Verwaltungsgerichts Weimar, das der frühere parteilose Politiker akzeptiert hat.
Doch was ist mit der strafrechtlichen Schuld? Ab Mittwoch wird Schöning, 73, vor dem Landgericht Erfurt der Prozess gemacht. Er hatte in seiner Amtszeit zwischen Herbst 2009 und Dezember 2010 neben seinem Ministergehalt eine Pension des Landes Schleswig-holstein erhalten – und dies der hiesigen Finanzdirektion nicht ordnungsgemäß mitgeteilt.
Das Thüringer Ministergesetz ist eindeutig. Parallelzahlungen müssen vollständig verrechnet werden – selbst wenn dies im Fall von Schöning, der vor seiner Ernennung in Erfurt schon als Landtagsdirektor in Kiel in Pension gegangen war, im Ergebnis dazu führt, dass er für seine Arbeit in der Thüringer Landesregierung fast nichts erhielt.
Während das Verwaltungsgericht von Fahrlässigkeit ausging, wirft die Erfurter Staatsanwaltschaft Schöning vorsätzliches Handeln vor – also Betrug. Im Unterschied zum früheren Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD), der neben seinem Gehalt noch eine Staatssekretärspension vom Bund erhielt, habe der Volljurist um seine Mitteilungspflicht wissen müssen.
Für Wolfgang Kubicki, der Anwalt Schönings, ist dies Unfug. „Ich verstehe die Anklage nicht“, sagt er. „Gerade weil Jürgen Schöning ein ausgezeichneter Jurist ist, wäre es für ihn besonders absurd, vorsätzlich eine solche Tat zu begehen.“Stattdessen habe sich der damalige Minister schlicht darauf verlassen, dass die Thüringen Finanzdirektion wissen musste, dass er mit jenseits 65 bereits Pensionär war. Man werde deshalb auf Freispruch plädieren.
Kubicki, der zu den bekanntesten deutschen Liberalen gehört und seine FDP gerade mit sattem Plus in den Kieler Landtag führte, verteidigte Schöning schon vor dem Verwaltungsgericht. Am Mittwoch nimmt er von den Koalitionsverhandlungen daheim eigens eine Pause, um nach Erfurt zu kommen.