Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Steinbrück verdirbt Schulz den Wahlkampf
Ex-kanzlerkandidat meldet sich mit ätzender Kritik an SPD zurück
Berlin.
Spd-kanzlerkandidat Martin Schulz will wieder in die Offensive kommen. „Gerechtigkeit, Zukunft, Europa – das ist der Auftrag der SPD“, ruft Schulz in einer kämpferischen Rede in der Berliner Parteizentrale. Wer die Ministerriegendersozialdemokraten und der Union im Kabinett vergleiche, für den sei klar, dass die nächste Regierung von der SPD geführt werden müsse.
500 Genossen bejubeln den Auftritt am Sonnabend bei einer Wahlkampfkonferenz. Eine Stunde später erlebt Schulz einen Rückschlag: Da laufen die ersten Nachrichten über ein Interview ein, das der Spdkanzlerkandidat von 2013, Peer Steinbrück (70), gegeben hat. Der Polit-rentner meldet sich mit ätzender Kritik an der SPD und schimpft über die zeitweilige Schulz-euphorie der Parteibasis.
„Die 100 Prozent im März bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden waren vergiftet“, sagt Steinbrück der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“über Schulz. „Die Partei saß plötzlich auf Wolke sieben, es hat sich ein Realitätsverlust eingestellt, und das Publikum hat sich gewundert: Steht da jetzt Erich Schulz-honecker?“Die SPD sei manchmal „manischdepressiv“, beklagt der ehemalige Finanzminister, gelegentlich treffe der Begriff „Heulsusen“ihren Gemütszustand. Mit dem Interview will Steinbrück für ein Kabarettprogramm werben, das er im Juli, zu Beginn des heißen Bundestagswahlkampfes, gemeinsam mit dem Kabarettisten Florian Schroeder startet.
Die Spd-führung ist empört. Bissig war Steinbrück auch früher. Aber die Aussagen jetzt sind von anderer Qualität, dies muss er nach seinen Niederlagen in NRW (2005) und bei der Bundestagswahl (2013) wissen. Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, nennt die Querschüsse „mies. Charakterlich. Inhaltlich. Strategisch. Taktisch.“