Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Die gekaufte Reform
über die letzte Hoffnung der Koalition
Es ist das älteste und einfachste Hilfsmittel der Politik. Wenn es mit einem Vorhaben nicht mehr weiterzugehen scheint, dann geht es oft doch irgendwie weiter – und zwar mit Geld.
So war es im neu gegründeten Thüringen, als Firmen vor der Pleite standen und der Freistaat mit Abermillionen einstieg. So war es, als die Hausbesitzer gegen zu teure Wasseranschlüsse demonstrierten, weshalb die wahlkämpfende Cdu-regierung die Abgaben auf Kosten des Landes reduzierte. Und so war es natürlich bei der ersten Gebietsreform 1994.
Ein ordentlicher Teil der 16 Milliarden Euro Schulden, die auf dem Land lasten, ist so zu erklären. Insofern ist die aktuelle Regierung besser dran als ihre Vorgänger: Sie muss keine Kredite aufnehmen, um mit immer neuen Geschenken an die Kommunen ihre unpopuläre Gebietsreform aufzuhübschen.
Zuletzt war fast eine Milliarde Euro in der Reserve, und für dieses Jahr ist ein neuerliches Einnahmeplus von fast 300 Millionen vorhergesagt. Was machen da schon um die 100 Millionen mehr für ein paar verarmte Gemeinden und Kreise?
Nicht viel – wenn nicht schon eine Viertelmilliarde dafür eingepreist wäre. Hinzu kommt noch ein Kommunalprogramm für 100 Millionen, ein Landesinvestitionspaket für 275 Millionen und, und, und . . . Auch die Minister haben angesichts der anstehenden Wahlen noch so einige Extrawünsche.
Heute berät das Kabinett darüber, wie es mit dem Steuerplus umgeht. Die Finanzministerin will es ganz in die Rücklage geben – doch sie dürfte mit dieser Ansicht ziemlich alleine sein. Rot-rot-grün braucht das Geld, um sich eine Reform zu kaufen.