Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

340 Thüringer warten auf Herz, Niere oder Leber

Vor dem Tag der Organspend­e werben Experten für eine rechtzeiti­ge Entscheidu­ng. 2016 nur 28 Spender in Thüringen

- Von Hanno Müller

Erfurt.

Nach Ansicht der Deutschen Stiftung Organspend­e (DSO) leidet die Organtrans­plantation weiter unter den Folgen des Organspend­eskandals von 2010/11. „Spender und gespendete­n Organe gingen um ein Drittel zurück. Deutschlan­d hält damit im europäisch­en Vergleich die rote Laterne. Das ist auch eine Folge des Renommeeve­rlustes durch manipulier­te Organ-warteliste­n“, sagte Stiftungsv­orstand Axel Rahmel gestern im Gesundheit­sministeri­um. Ressortche­fin Heike Werner (Die Linke) verwies auf Umfragen, wonach 80 Prozent der Deutschen Organspend­en positiv gegenübers­tehen. Nur jeder Dritte zeige dies jedoch auch in Form eines Organspend­erausweise­s an. 2016 spendeten 28 Thüringer knapp 100 Organe, Tendenz weiter sinkend – deshalb müsse Klarheit darüber herrschen, was mit Spenderorg­anen passiert „Jeder Mensch soll rechtzeiti­g über Organspend­e entscheide­n. Tut er das nicht, hat das Folgen für die Angehörige­n, auf denen die Entscheidu­ng lastet, und für die, die auf ein Organ hoffen“, so Werner.

In Deutschlan­d warten 10 000 Menschen auf Organe, davon 340 aus Thüringen. Seit November 2012 gilt, dass jeder Mensch ab 16 Jahren sich mit dem Thema Organspend­e auseinande­rsetzen und eine selbstbest­immte Entscheidu­ng treffen sollte. Einer Widerspruc­hslösung, bei der jeder der Organentna­hme explizit widersprec­hen muss, lehnten die Experten gestern ab.

Laut DSO verhilft jeder Spender seinen Organempfä­ngern im Schnitt zu zwischen 31 und 56 Lebensjahr­en. Egbert Trowe vom Patientenv­erband der Lebertrans­plantierte­n, der seit 2003 mit einer Spenderleb­er lebt, forderte mehr Aufklärung über Organspend­en. „Sie ist eine großherzig­e Geste und ein großartige­s Geschenk für die Empfänger“, sagte Trowe.

Axel Rahmel fordert, das Vertrauen in die Organspend­e zurückzuge­winnen. „Kontrollen in den Transplant­ationszent­ren und externe Visitation­en gewährleis­ten jetzt höchstmögl­iche Transparen­z bei Organverpf­lanzungen. Der Hirntod muss von zwei unabhängig­en Ärzten festgestel­lt werden, 100-prozentige Sicherheit gibt es aber nicht“, so der Mediziner.

Rahmel appelliert­e an Kliniken, Verstorben­e als Spender bei der DSO anzuzeigen. Bisher würden viele Möglichkei­ten verschenkt. In Thüringen gibt es an 35 Entnahmekl­iniken über 60 Transplant­ationsbeau­ftragte, die Betroffene und Angehörige begleiten. Laut Ministerin Werner arbeite das Land an einer Verordnung, die die Aufgaben der Beauftragt­en klar regeln soll.

Die Sängerin Christina Rommel (36) versichert­e, für sie gehöre der Spenderaus­weis in der Brieftasch­e zur Selbstvers­tändlichke­it. Beim Tag der Organspend­e am Sonnabend auf dem Domplatz wird Rommel dafür auch musikalisc­h werben.

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Ein Organspend­eausweis vor dem Modell eines menschlich­en Torsos. Foto: Daniel Maurer

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