Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Der Schoß ist fruchtbar noch
Leser ist besorgt über rechtsextreme Szene
Wo war Gott in Buchenwald? Auf diese Frage suchten eine Gesprächsrunde in der Weimarer Jakobskirche nach Antworten. Im Jahr 1937 wurde auf dem Ettersberg bei Weimar das Konzentrationslager Buchenwald errichtet, in dem etwa 56 000 Menschen ermordet wurden. Das furchtbare Geschehen, das Leid der Opfer, wirft bis heute seine Schatten auf Weimar.
Mich beschäftigt noch mehr die Frage: Wo ist Gott heute? Denn auch heute gilt, was Brecht sagte: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.
Vom NSU wurden zehn Menschen ermordet, drei Sprengstoffanschläge mit vielen Verletzten sowie 15 Raubüberfälle durchgeführt. Die Anzahl der Unterstützer ist unklar, aber darunter sind V-leute des Verfassungsschutzes und Funktionäre rechtsextremer Parteien.
Rechtsextreme stürmten im Jahre 2015 eine 1. Maifeier auf dem Marktplatz in Weimar und verletzten drei Menschen. Zwei Jahre später endet der Prozess gegen fünf junge Männer mit einer Geldstrafe.
Thüringen steht im Zentrum der Rechtsrockszene: Nicht nur wegen seiner verkehrsgünstigen Lage, sondern auch, weil Neonazis die Erwartung hegen, auf geringen zivilgesellschaftlichen Widerstand zu stoßen.
Da Gott schweigt, müssen wir uns auf uns selbst verlassen, getreu dem Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Stanislav Sedlacik, Weimar