Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Streuobstwiesen in Gefahr
Die Plantagen prägen die Kulturlandschaft und sorgen für Artenvielfalt. Doch die Pflege ist aufwendig
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Erfurt.
Die Sensen sind geschärft, kleine Mäher startklar: Auf vielen Obstwiesen in Thüringen wird dieser Tage Gras gemäht und Heu gemacht. Eine der notwendigen Arbeiten im Jahreskreis, um diese alte Kulturlandschaft zu erhalten. Auch erste Kirschen sind reif. Im Land gibt es laut Landwirtschaftsministerium etwa 11500 Hektar Streuobstwiesen mit jeweils mehr als zehn Bäumen. Die Flächengröße sei stabil. Die Wiesen stehen unter Naturschutz.
Die Grüne Liga Thüringen beobachtet dennoch seit Jahren, dass Streuobstwiesen aufgegeben werden. Sie lieferten nicht nur gesundes Obst, sondern seien auch ein „Hotspot“für Pflanzen, Tiere und Insekten, sagte Geschäftsführerin Grit Tetzel.
Mangelnde Baumpflege und vor allem eine fehlende Mahd veränderten die Bedingungen auf den Streuobstwiesen, sagte Tetzel. „Bäume sterben ab, Büsche wachsen und verdrängen typische alteingesessene Pflanzenund Tierarten.“Andere Pflanzen und Tiere siedelten sich an. Der Verlust der Arten sei nicht zu unterschätzen. Damit verändere sich auch das gewohnte Landschaftsbild rund um Dörfer.
Vor allem hohe Altbäume in großen Kirsch-plantagen – etwa um Weimar und Erfurt – überstiegen die Möglichkeiten von Privatbesitzern bei Baumschnitt, Ernte und Vermarktung der Früchte. Die Bäume seien in den 1970er-jahren – damals von den LPG – zur besseren Versorgung der Bevölkerung angelegt worden. „Heute könnten die Bäume ihre besten Erträge abwerfen, aber es fehlen kleine landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe.“
Als Begründung dafür müsse oft herhalten: Streuobstwiesen sind nicht wirtschaftlich. „Aber das waren sie nie“, betonte die Naturschützerin. Sie ergänzten einst Landwirtschaft und Kleintierhaltung.
Thüringen habe die Bedeutung der Streuobstwiesen für den Naturschutz erkannt und im Gesetz verankert, sagte Tetzel. Landwirtschaft- und Umweltministerium fördern in zwei verschiedenen Programmen Baumschnitt, Grasmahd und das Nachpflanzen von Bäumen mit insgesamt jährlich einer Million Euro. Nicht genug, sagt die Grüne Liga. Bayern gebe etwa jeweils acht Euro für maximal 100 Bäume pro Jahr und Obstwiese. Dies decke zwar nicht Kosten, helfe aber, dass alle Bäume über mehrere Jahre einen Schnitt bekommen können.(dpa)