Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
H&M will mit Nobelmarken aus der Krise
Schwedischer Modekonzern testet neues Ladenkonzept Afound. Das Outlet soll das Unternehmen aus dem Umsatztief holen
Die Einrichtung ist schlicht, hell und modern. Afound setzt auf ein Sortiment aus edleren Eigenmarken - wie COS - sowie Nobellabels der Konkurrenz. Verkauft wird die Ware sowohl in der Filiale als auch per Online-shop. Das neue Konzept hat Outletcharakter und setzt dabei offensichtlich auch auf Schnäppchenjäger – werden doch alle Kleidungsstücke, Schuhe oder auch Handyhüllen für Männer und Frauen mit Rabatten zwischen 10 und 70 Prozent verkauft.
ie erste Filiale weltweit in Stockholm erinnert an einen Discounter, mit zahlreichen großen durchgestrichenen Preisschildern. Im Laden kosten die Das jüngste Tochterunternehmen im H&m-konzern: Großes Kundeninteresse bei der Eröffnung des neuen Modeladens Afound in Stockholm. Foto: Reuters
teuersten Herrensachen maximal 3000 Kronen (309 Euro). Im Onlineshop finden sich wiederum auch deutlich kostspieligere – jedoch reduzierte – Guccihandtaschen für 39.402 Kronen (4064 Euro) auf der Bestellliste. Wahrlich ungewöhnlich hohe Preise der sonst eher preisbewussten H&m-kette.
Direkt neben Afound in Stockholm eröffnet H&M dazu einen Laden seiner weiteren neuen Ladenkette Arket, die im
Herbst vergangenen Jahres konzeptionell an den Start ging. Wie COS bietet diese Premiumkleidung, Accessoires sowie modernes Geschirr – allerdings zu moderaten Preisen. In Berlin gibt es den ersten Arket-shop seit Mai am Kurfürstendamm. Arket kombiniert seine Filiale wiederum mit einem trendigen Café und hochwertigem Hipster-sortiment. Im Hintergrund läuft coole Musik. Personal ist reichlich vorhanden und beantwortet
gerne Fragen, fast so wie in einer teuren Boutique. H&M will seinen Kunden, die ins Internet abgewandert sind, offenbar wieder Shoppen als reales Erlebnis schmackhaft machen.
Werden die neuen Konzepte H&M aus der Krise führen? „Wenn wir glauben, dass etwas auf dem Markt fehlt, von dem wir glauben, dass wir es lancieren und gut machen können, testen wir es“, sagt der H&m-chef Persson dieser Zeitung und zeigt
sich insbesondere mit den positiven Kundenreaktionen zufrieden. „Das hier ist etwas völlig Neues und Spannendes“. Die Eröffnung in Stockholm sei der erste Schritt für das neue Konzept. Wenn alles gut laufe, werde daran gedacht, damit auch nach Deutschland zu kommen, verrät Persson. Ziel von H&M ist es aber zunächst, Afound in jede größere Stadt Schwedens zu bringen – so sind für 2018 drei weitere Eröffnungen geplant.
H&M muss trotz seiner gewaltigen weltweiten Größe etwas tun, um langfristig zu bestehen. Die Textilkette kämpft vor allem gegen die starke Online-konkurrenz, aber auch Billiganbieter wie Primark oder die weltweit größte Modekette Inditex mit ihren Marken wie Zara oder Massimo Dutti.
Die Umsätze sinken nach Einschätzung von Experten vor allem wegen der Onlinekonkurrenz, aber auch wegen falschen Entscheidungen beim Modedesign und Zulieferproblemen aus fernen Produktionsländern wie Bangladesch. Im jüngsten Geschäftsquartal kletterte der Umsatz zwar etwas, allerdings nur Karl-johan Persson, H&m-konzernchef
leicht um 1,6 Prozent auf rund sechs Milliarden Euro, die bereinigten Erlöse um 1,2 Prozent.
Weltweit betreibt H&M rund 4800 Läden. Allerdings sollen dieses Jahr etwa 170 geschlossen werden, davon acht in Deutschland, so die bisherigen Pläne. Dies ist bereits eine Antwort auf die schwächelnden Umsätze und den fallenden Aktienkurs des schwedischen Konzerns, der sich innerhalb der vergangenen vier Jahre mehr als halbiert hat. Laut Bloomberg hat die H&mfamilie in den vergangenen Monaten umfangreiche Stützkäufe getätigt. Eine Erholung der Aktie sieht der Us-wirtschaftsnachrichtendienst aber nicht, obwohl die Aktie mit einer relativ hohen Ausschüttung von 9,75 Kronen lockt.
H&m-chef Persson beurteilt die Lage dennoch nicht düster. „Wir haben eine Periode gehabt, etwa zwei Jahre, in der wir nicht unseren Erwartungen und den Erwartungen des Marktes entsprochen haben, und da wird der Kurs schlechter“, so Persson. „Ich fühle mich aber äußerst sicher in dem, was wir tun und damit, dass wir eine gute Firmenentwicklung haben werden“, sagt er dieser Zeitung. „Wir können uns in allen Bereichen verbessern. Wir müssen schneller und flexibler in der Warenversorgungskette werden.“Man müsse sich verändern.
Manche Branchenexperten meinen, dass H&M zu lange am Ausbau des Filialnetzes festgehalten habe, statt die Internetpräsenz und die Zuliefererkette zu verbessern. „Es kann als Verzweiflungstat aufgefasst werden, noch eine weitere Marke zu gründen, so als ob man von seiner Kernmarke fliehen möchte“, sagt der Markenexperte Henrik Uggla von der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm dem Wirtschaftsblatt „DI“. „Es ist unerhört teuer, ständig neue Marken zu erschaffen, die unterhalten werden müssen.“Allerdings glaubt er, dass Afound das Potential habe, erfolgreich zu sein. Das Konzept könnte den Internet-modehändler Zalando herausfordern, glaubt Uggla: „Afound könnte, wenn geschickt eingeführt, noch etwas Größeres werden als Zalando.“
„Wir müssen schneller und flexibler in der Warenversorgungskette werden.“