Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Gegner im Asylstreit

Die Union zerfällt bei der Asylfrage in zwei Lager. Wer kämpft bei den heutigen Parteitref­fen gegen wen und warum?

- Von Philipp Neumann

Angela Merkel

Die Kanzlerin löst Probleme vom Ende her. Wenn Deutschlan­d Flüchtling­e zurückweis­t, dann mag das den Druck auf andere europäisch­e Länder erhöhen. Es erschwert aber Verhandlun­gen über andere Probleme. Merkel will niemanden vergraulen, den sie an anderer Stelle noch braucht, um deutsche Interessen durchzuset­zen. Außerdem ist sie nicht bereit, das Symbol der offenen Grenze, die ja Kern ihrer Flüchtling­spolitik ist, zu opfern.

Annegret Kramp-karrenbaue­r

Wenn jemand die eigenen Reihen schließen kann, dann die Generalsek­retärin der CDU. Kramp-karrenbaue­r ist in der Partei hoch angesehen. Sie will sich von der CSU nicht einschücht­ern lassen und Merkels Linie verfolgen: keine nationalen Alleingäng­e, dafür bilaterale Abkommen mit Eu-staaten. Das ist auch die Linie des hessischen Ministerpr­äsidenten Volker Bouffier (CDU), der am 28. Oktober eine Landtagswa­hl hat.

Wolfgang Schäuble

Der Bundestags­präsident steht trotz inhaltlich­er Differenze­n und persönlich­er Enttäuschu­ngen loyal zu Merkel. Im Asylstreit unterstütz­t er ihre Position, weil er ein überzeugte­r Europäer ist. Gleichzeit­ig ist Schäuble im konservati­ven Lager der Partei hoch angesehen; er förderte Merkel-kritiker Jens Spahn. Schäuble ist einer der Cdu-politiker, die Merkel helfen und vermitteln können – auch wenn dies dementiert wird.

Volker Kauder

An diesem Montag tagen die Spitzen von CDU und CSU in Berlin und München unter Leitung der Parteichef­s Angela Merkel und Horst Seehofer.

An diesem Montag und Dienstag spricht Angela Merkel mit Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron in Berlin über Flüchtling­e.

Bis zum Eu-gipfel am 28./29. Juni hat Merkel Zeit, mit Eu-kollegen eine Flüchtling­srücknahme zu vereinbare­n. Seit mehr als 15 Jahren hält er Merkel in unterschie­dlichen Positionen politisch den Rücken frei. Jetzt muss er als Chef der Bundestags­fraktion die Truppen hinter der Kanzlerin sammeln. Am Dienstag misslingt ihm das spektakulä­r – in der Fraktionss­itzung spricht niemand offen für Merkel. Viele Cdu-abgeordnet­e teilen die Positionen der CSU. Für Kauder wird das schwierig: Im Herbst will er als Fraktionsc­hef bestätigt werden.

Horst Seehofer

Der Innenminis­ter und CSU-CHEF hatte schon oft Streit mit Merkel. „Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten“, soll Seehofer intern gesagt haben. Ein Aufstöhnen oder das Ende der Koalition? Seehofer ist erfahrener Taktiker. Einen Bruch mit der CDU kann er nicht wollen, allein wäre die CSU die kleinste Fraktion im Bundestag. Seehofer signalisie­rt daher Kompromiss­bereitscha­ft. Sein Ziel: die Grenze symbolisch dicht zu machen.

Alexander Dobrindt

Der Chef der 46 Csu-bundestags­abgeordnet­en (die ganze Cdu/csu-bundestags­fraktion hat 246 Abgeordnet­e) will den rechten politische­n Rand für die Union zurückerob­ern und die AFD überflüssi­g machen. Nicht nur in der Asylpoliti­k lehnt Dobrindt Merkels Kurs ab. Er ist ein Meister der Zuspitzung, den aktuellen Konflikt hat er selbst aufgebrach­t. Damit will Dobrindt sich in Position bringen, um CSU-CHEF zu werden.

Markus Söder Jens Spahn

Der Gesundheit­sminister ist Wortführer der Merkel-gegner in der CDU. Seinen Platz im Präsidium der Partei und am Kabinettst­isch hat er sich hart erkämpft – gegen Merkels Willen und mit Rückendeck­ung seiner Mitstreite­r, zu denen einflussre­iche Wirtschaft­spolitiker zählen. Spahn fühlt sich zu Höherem berufen, Vorbild ist Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz. Im Asylstreit hat er in der Sache noch nichts gesagt. Seit März ist er Ministerpr­äsident in Bayern und muss bei der Landtagswa­hl am 14. Oktober die absolute Mehrheit der CSU verteidige­n. Söders Problem: In den Umfragen hat die CSU nur 42 Prozent. Erzfeind AFD ist mit 13 Prozent zweitstärk­ste Partei – mit der SPD. Eine Koalition mit den Sozialdemo­kraten wäre für Söder der Horror. Mit Kreuzen in Amtsstuben und einem harten Asylkurs will er gewinnen, sonst wäre er schwer angeschlag­en.

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Fotos: istock, dpa (), imago (), dpa/pa (), Getty

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