Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Üble Trickserei­en aufgedeckt

Bei einer Großkontro­lle an der A 9 fallen unter anderem Manipulati­onen an Fahrtensch­reiber und Adblue-anlage auf

- Von Sibylle Göbel

Hermsdorf.

Es war das ganz große Besteck, das gestern für eine Kontrolle des gewerblich­en Güterverke­hrs am Hermsdorfe­r Kreuz aufgeboten wurde: Neben 34 Beamten der Autobahnpo­lizei Thüringen nahmen daran auch 25 Studenten der Thüringer Verwaltung­sfachhochs­chule teil, die dabei die Gelegenhei­t hatten, das Wahlpflich­tfach Verkehrsre­cht in praxi zu erleben, ferner Kontrollkr­äfte des Bundesamte­s für Güterverke­hr (BAG) und des Zolls nebst den Suchtmitte­lspürhunde­n Dorax und Lucky sowie Mitarbeite­r des Landeskrim­inalamtes, des Landesverw­altungsamt­es und der Landesanst­alt für Umwelt und Geologie.

Kein Wunder: Bei der fünfstündi­gen Kontrolle auf dem Parkplatz der Raststätte an der A 9 Richtung Berlin sollten Fahrer, Fahrzeuge und Ladungen eingehend unter die Lupe genommen und daneben beispielsw­eise geprüft werden, ob Fahrtensch­reiber manipulier­t oder Fahrzeuge statt mit Diesel mit billigerem Heizöl betankt worden waren, ob Fahrer schwarz arbeiteten oder zu Dumpinglöh­nen hinterm Steuer saßen.

Zugleich war diese Kontrolle die erste, die unter Federführu­ng von Polizeihau­ptkommissa­rin Ines Seidel über die Bühne ging: Die 43-Jährige, die seit 24 Jahren bei der Polizei ist, ist seit 1. September Leiterin Einsatzunt­erstützung der Autobahnpo­lizei Thüringen. Doch ihre Premiere lief „im Großen und Ganzen“, wie sie sagt, wie am Schnürchen.

Auf dem Parkplatz zu Ende ging die Fahrt unter anderem für einen Lkw-fahrer aus Serbien. Die Beamten hatten an seinem Fahrzeug eine manipulier­te Adblue-anlage entdeckt – ein klarer Verstoß gegen das Bundesfern­straßenmau­tgesetz, der den Spediteur teuer zu stehen kommt. Denn wird kein Adblue in den Abgasstrom eingesprit­zt, so dass der Ausstoß von Stickoxide­n nicht reduziert wird, liegen die Abgase auf niedrigere­m Euro-niveau als angegeben. Das schadet nicht nur der Umwelt, sondern ist auch Betrug. Denn auf deutschen Autobahnen gilt für als Euro 6 eingestuft­e Fahrzeuge ein niedrigere­r Mautsatz.

Am Nachmittag bestätigte dann eine Fachwerkst­att, dass die Anlage absichtlic­h stillgeleg­t worden ist – damit galt das Ganze als Ordnungswi­drigkeit. Dem Spediteur droht nun eine Geldstrafe von 1000 Euro, außerdem muss er die Instandset­zung der Anlage – Kostenpunk­t: 3000 bis 4000 Euro – und die höhere Maut von dem Zeitpunkt an nachzahlen, an dem das Fahrzeug das erste Mal eine deutsche Autobahn befuhr. „Das können je nach Achsenzahl und Zeitdauer schnell mal 10- bis 15 000 Euro sein“, sagte ein Beamter, der den serbischen Fahrer bis zur Werkstatt in Gera-korbußen begleitete.

Bei einem benachbart­en Lastwagen stellte die Polizei unter anderem einen defekten Stoßdämpfe­r, eine locker gewordene Achse und ein gefährlich am Kofferaufb­au schleifend­es Rad, mithin einen Kandidat für einen Reifenplat­zer, fest – alles ebenfalls ein Fall für eine Prüfwerkst­att. Dazu hatten Polizeihau­ptmeister Thomas Huth von der Kontrollgr­uppe Waltershau­sen und seine Kollegen auf Rollbrette­rn liegend das mit fünf Tonnen beladene Fahrzeug von unten inspiziert.

In luftige Höhen begaben sich derweil die vier Mitarbeite­r des BAG, die auch auf Gefahrgutt­ransporter kletterten, um ihren Zustand von oben zu begutachte­n. „Keine besonderen Beanstandu­ngen“, heißt es später seitens des BAG. Von „normalen Verstößen“wie etwa dem, dass Fahrer kein „fußumschli­eßendes Schuhwerk“trugen, sondern ihre Kolosse barfuß oder nur mit Socken bekleidet lenkten, einmal abgesehen.

Acht Lastkraftw­agen durften nach der Kontrolle nicht weiterfahr­en, darunter das Fahrzeug mit der frisierten Adblue-anlage, dass sogar bis Montag in der Werkstatt stehen wird. Vier Fahrer mussten zudem eine Sicherheit­sleistung hinterlege­n – insgesamt 2360 Euro –, zwölf erhielten eine Barverwarn­ung.

„Leider wird nicht genug kontrollie­rt“, sagt ein Polizeibea­mter mit Blick auf einen Lkw, der tonnenweis­e Papier geladen, aber nicht genügend mit Gurten gegen Verrutsche­n gesichert hat. Das Fahrzeug geriet zuletzt vor zwei Jahren in eine solche Kontrolle.

Doch schon kommende Woche steht an Thüringer Autobahnen die nächste konzertier­te Aktion an: Dann mit dem Schwerpunk­t Aufmerksam­keit

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Die Einsatzkrä­fte am Hermsdorfe­r Kreuz inspiziere­n die Fahrzeuge aus buchstäbli­ch allen Perspektiv­en. Fotos: Sibylle Göbel
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Polizeihau­ptkommissa­rin Seidel leitet die Kontrolle.Ines

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