Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Kristina ist eine Frau, die anderen Mut machen kann“
Maximilian Dörnbach war Ersthelfer, als die Olympiasiegerin verunglückte. Der Erfurter ist erleichtert, wie sie den Weg zurück ins Leben in Angriff nimmt
Berlin.
Maximilian Dörnbach ist erleichtert, denn Kristina Vogel ist zurück im Leben. „Sie hat sich so zurückgemeldet, wie wir sie kennen. Als lebenslustige Frau, die anderen Mut machen kann“, sagt der 22 Jahre alte Thüringer: „So, wie sie sich jetzt geäußert hat, macht es uns Sportlern auch leichter, wenn sie wieder nach Erfurt zurückkehrt“, sagt Dörnbach, der an jenem 26. Juni auf der Radrennbahn in Cottbus zu den Sportlern gehörte, die den Unfall der Olympiasiegerin hautnah miterleben mussten.
Der Eichsfelder, der inzwischen in Erfurt lebt und wie Vogel für das Chemnitzer Team Erdgas 2012 im Sattel sitzt, bezeichnet den 26. Juni für ihn als den schlimmsten Tag in seiner noch jungen Radsport-karriere. Er stand bei ihr, als Vogel unter unsagbaren Schmerzen verletzt auf der Betonpiste lag.
Keine 24 Stunden später saß er wieder auf dem Rad und trainierte. Der Tag danach war für ihn ganz wichtig, um das Geschehen zu verarbeiten. „Wir haben versucht, ganz entspannt zu trainieren, uns keinen Stress zu machen. Wir wollten einfach wieder auf dem Rad sitzen und haben uns dafür mehr Zeit als sonst genommen“, sagt er beim Blick zurück.
Für ihn sei es der beste Weg gewesen, mit dem Unfall umzugehen. Aber nicht, um alles zu verdrängen. Ganz im Gegenteil. Präsent wie nie war Kristina Vogel in seinen Gedanken. „Ich habe daran gedacht, wie oft sie mir schon wichtige Tipps gegeben hat, wie ich von ihr gelernt habe. Das wollte ich nun umsetzen, das hat mich unglaublich motiviert“, sagt Dörnbach.
Offensichtlich hat der junge Eichsfelder tatsächlich damit den richtigen Weg für sich gefunden. Nur zwei Wochen nach den Geschehnissen von Cottbus startete er bei den deutschen Bahnrad-meisterschaften – und eroberte drei Goldmedaillen, als wäre nichts geschehen.
Losgelassen hat ihn der Unfall freilich nie. Noch am Abend jenes Juni-tages in Cottbus lag er im Bett und erinnerte sich an seinen Start beim Sechstage-rennen in Berlin. Damals hatte der aus Australien stammende Bahnradsportler Shane Perkins eine Spendenaktion für seinen kranken Vater ins Leben gerufen. „Ich fand das gut und hatte die Idee, auf dieser Weise auch Kristina zu helfen. Ich habe den Vorschlag in unsere Whatsappgruppe geschrieben“, sagt Dörnbach, dessen Team wenig später die Aktion #staystrongkristina ins Leben rief.
Innerhalb von nur fünf Wochen beteiligten sich 1165 Unterstützer, die so genau 119752 Euro spendeten. Aber weil lange Zeit über den Gesundheitszustand von Vogel nichts bekannt war, wussten viele Menschen gar nicht, wofür sie eigentlich spenden sollten. „Ich war froh und überrascht, welche Resonanz die Aktion dennoch gefunden hat“, sagt Dörnbach. Auch Vogel freute sich über die Unterstützung, auch wenn sie zunächst Bedenken hatte. Sie habe Angst gehabt, dass vielleicht nur 500 Euro zusammenkommen, was ihr peinlich gewesen wäre. „Als ich dann aber verstanden habe, was da draußen passiert – der Hammer.“
Dass der Radsport die Athleten manchmal auch in kritische Situationen bringt, hat Maximilian Dörnbach auch schon vorher miterleben müssen. Der Eichsfelder ist mit Lisa Klein liiert, die im vergangenen Jahr als 21-Jährige überraschend die deutsche Straßenrad-meisterschaft gewann und in wenigen Tagen bei der WM in Innsbruck startet. Im April wurde seine Freundin unverschuldet in einen Unfall verwickelt, als sie beim Training in Erfurt-bischleben von einem Auto erfasst wurde. Klein kam mit einer Schulter-operation vergleichsweise glimpflich davon und saß drei Wochen später schon wieder auf dem Rad. „Aber wenn sie alleine trainiert, da habe ich manchmal schon Angst um sie“, sagt Dörnbach.
Der junge Bahnradsportler hat auch angesichts der starken Leistungen bei den deutschen Meisterschaften neue Ziele in Angriff genommen. Im Herbst startet er beim Weltcup, im kommenden Februar dann bei der Weltmeisterschaft in Polen, um sich langfristig den Traum von Olympia zu erfüllen. Dass er vom Radsport nicht loskommt, hat er auch Kristina Vogel zu verdanken. „Das tue ich auch für Kristina“, sagt Dörnbach.
Bahnrad-meister Maximilian Dörnbach aus Erfurt initiierte mit seinem Team „Erdgas 2012“eine Spendenaktion für Kristina Vogel, die fast 120 000 Euro einbrachte.