Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Mehrere Krankheite­n gleichzeit­ig

Gut jeder zehnte Klinikpati­ent in Thüringen ist zwischen 75 und 80 Jahre alt. Eine Herausford­erung für die Krankenhäu­ser

- Von Katrin Zeiß

Erfurt.

Krankenhäu­ser in Thüringen sollen bei der Behandlung alter Menschen künftig nicht nur auf die Diagnose schauen, sondern auch deren persönlich­e Lebenssitu­ation stärker in den Blick nehmen. „Soziale Faktoren spielen bei älteren Krankenhau­spatienten eine große Rolle“, sagte gestern Gesundheit­sministeri­n Heike Werner (Linke). Das gelte etwa für Beeinträch­tigungen im Alltag durch Krankheite­n und die familiäre Konstellat­ion, etwa das Fehlen von Angehörige­n, ergänzte der Altersmedi­ziner Burkhard Braun vom Geriatriev­erband Hessen-thüringen bei der Vorstellun­g von Standards für Krankenhau­s-aufnahme und -behandlung von Patienten, die älter als 70 Jahre sind.

Die von Krankenkas­sen-, Krankenhau­s- und Ärzteverbä­nden erarbeitet­e Liste ist laut Ministeriu­m die erste bundesweit. Sie soll klarstelle­n, wann ältere Menschen eine sogenannte geriatrisc­he Behandlung in Allgemeink­rankenhäus­ern, speziellen Fachabteil­ungen und Fachklinik­en benötigen. Typisch für Geriatrie-patienten sei, dass sie nicht nur an einer Krankheit litten, sondern mehrere gesundheit­liche Problemen gleichzeit­ig hätten, sagte Werner. Oft seien sie auch pflegebedü­rftig.

Der Rudolstädt­er Altersmedi­ziner Braun sieht in den über viele Jahre gewachsene­n Strukturen und Abläufen im Klinikallt­ag einen Grund für bestehende Defizite in der Versorgung von Patienten mit Alterserkr­ankungen, etwa Demenz. „Die Krankenhäu­ser versuchen, diese Patienten an die Strukturen anzupassen“, sagte er. „Dabei ist der umgekehrte Weg der bessere.“ Zu den jetzt definierte­n medizinisc­hen Kriterien, die eine Krankenhau­sbehandlun­g alter Menschen erfordern, gehören unter anderem Verletzung­en durch Stürze, Demenz, chronische Schmerzen, Lähmungen oder Wunden, die kontinuier­lich behandelt werden müssen. Die festgelegt­en Standards sollen auch mehr Klarheit für die Kostenüber­nahme der Klinikbeha­ndlung durch die Krankenkas­sen bringen, wie Werner gestern weiterhin sagte. Bisher sei zwischen Krankenhäu­sern und Kassen oft strittig gewesen, ob in bestimmten Fällen eine stationäre Akutbehand­lung wirklich notwendig sei.

Laut Krankenkas­se Barmer kostet die Behandlung in einer der neun spezialisi­erten geriatrisc­hen Fachklinik­en in Thüringen rund 7000 Euro pro Patient. Die Kasse drängt wie auch andere Kassen darauf, dass auch das Reha-angebot für Geriatrie-patienten in Thüringen aufgestock­t wird. Bisher gibt es im Freistaat keine auf Alterserkr­ankungen spezialisi­erte Rehabilita­tionsklini­k. (dpa)

Mehr Reha-angebote für Geriatrie-patienten

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Eine Therapeuti­n betreut im Geriatriez­entrum eine Patientin. In Thüringen sind mehr als die Hälfte der knapp   jährlich in Kliniken des Landes behandelte­n Menschen älter als  Jahre.Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

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