Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Neue Beweisanträge werden gestellt
Kein Ende im „Wodka-prozess“in Sicht. Verhandlungstermine bis Jahresende
Eichsfeld.
Ein Verteidiger hatte Einsicht in die Prozessakten des 2015 beendeten „Wodka-prozess“-verfahrens gegen den aus Armenien stammenden Angeklagten beantragt. Der jetzige Verteidiger des ehemaligen Geschäftsführers der Bärenkrone legte dagegen Widerspruch ein, kam damit aber nicht durch. Der Prozess sei abgeschlossen, argumentierte die Richterin am Landgericht Mühlhausen.
Ein Zeuge aus der Zollbehörde musste nochmals aussagen. Es ging um eine Anfrage der britischen Botschaft in Berlin zu einer Wodka-lieferung aus Großbritannien nach Leinefelde. Die Botschaft hatte vermutet, dass es sich um Schmuggelware von England nach Deutschland über Belgien handeln könnte. Die Ware war wieder zurückgeschickt worden, weil sie nicht bestellt gewesen sei. Nach Unterlagen einer belgischen Firma gab es aber eine Lieferung. Die Dokumente hatten einen Prüfungsvermerk von 2010. Damals war die Kriminalabteilung des Zolls eingeschaltet worden. Doch der Zollmitarbeiter hatte keine Erinnerung mehr an ein Gespräch mit der Kriminalabteilung. Aus den Papieren geht lediglich hervor, dass damals ein Zolllager in Leinefelde existierte.
Auch für den aufmerksamsten Zuhörer wird die Verhandlung immer schwerer nachvollziehbar, weil viele Dokumente am Richtertisch in Augenschein genommen werden. Dabei gibt es statt neuer Erkenntnisse eher immer neue Verwirrungen. Auf manchen ausländischen Papieren standen als Postadresse lediglich die Buchstaben DE. Manche Bezeichnungen sind Auszüge aus dem Handelsregister, angegebene Firmen existieren dort aber nicht.
Als Überwachungszeitraum wurde nur 2011 bis 2013 nachgewiesen. Die Vorkommnisse waren jedoch 2009 und 2010. Die Verteidiger beantragten, man solle im Hautzollamt Berlin Anfragen stellen. Ein Verteidiger des Juniorchefs der Speditionsfirma brauchte etwa zehn Minuten, um Stellungnahmen zu den Akten abzugeben. Mehrmals hatte er betont, dass nicht alles, was in den Akten vom Prozess von 2015 steht, mit dem Wissen und den Erkenntnissen seines Mandanten übereinstimme. Im fraglichen Zeitraum hatte es auf dem Gelände der Spedition auch ein Steuerlager sowie Lagerflächen für eine andere Firma gegeben. Auch sei, als sein Mandant Geschäftsführer der Bärenkrone war, nur das Untergeschoss angemietet gewesen. Das später überprüfte Steuerlager war aber in der ersten Etage. Der Anwalt beantragte, weitere Zeugen zu vernehmen. Sie könnten bestätigen, dass es mehrere Abnehmer gab. Auch an Tankstellen bundesweit hätte man den Wodka aus Leinefelde geliefert. Im fraglichen Zeitraum waren beide Angeklagte verantwortliche Geschäftsführer der Leinefelder Firma. Der mitangeklagte Armenier war 2015 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, Branntweinsteuern hinterzogen zu haben. Der Verteidiger möchte nun alle Akten aus dem ersten Prozess hinzu ziehen. Verhandlungstermine stehen bis Jahresende fest.
Diskrepanzen zwischen Erinnerung und Akten