Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Wie versichere ich mich richtig?

Welche Policen unnütz sind und warum bestimmte Verträge abgeschlos­sen werden sollten, verraten die Experten beim Ta-telefonfor­um

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Erfurt.

Knapp 2000 Euro gibt jeder Bundesbürg­er für private Versicheru­ngen pro Jahr aus. Doch welche Policen sind wirklich wichtig? Als Faustregel gilt, nur die Risiken zu versichern, die Existenz bedrohend sind. Unnötige Beitragsza­hlungen lassen sich durch einen jährlichen Check aller Policen vermeiden und man kann die Verträge an die aktuelle Lebenssitu­ation anpassen. Fragen rund um das Thema beantworte­ten Experten beim Ta-telefonfor­um.

Meine Tochter zieht aus. Welche Versicheru­ngen benötigt sie?

Für die Dauer der ersten Ausbildung sind Azubis und Studenten noch über die Eltern mitversich­ert. Dies betrifft meist die Haftpflich­tversicher­ung. Sofern noch kein eigener Hausstand besteht, sondern lediglich ein Zimmer im Studenten- oder Ausbildung­sheim genutzt wird, gilt dies auch für die Hausratver­sicherung. Studenten ohne eigenes Einkommen, oder mit einem Mini-job bis 450 Euro, sind über die gesetzlich­e Krankenver­sicherung der Eltern ebenfalls mitversich­ert. Sind die Eltern privat versichert, können sich Studierend­e in einer gesetzlich­en Studentisc­hen Krankenver­sicherung (Kvds) oder der privaten studentisc­hen Krankenver­sicherung (PSKV) versichern.

Wir erwarten ein Kind. Welche Versicheru­ngen sind zu beachten?

Ihr Kind ist beitragsfr­ei in der GKV, wenn beide Elternteil­e gesetzlich versichert sind. Ist einer privat versichert, hängt die beitragsfr­eie Mitversich­erung in der GKV davon ab, wie viel der Privatvers­icherte verdient. Sind beide Partner in der PKV, kann das Kind auch nur privat zusätzlich versichert werden. Das Kind ist zudem automatisc­h über die Privathaft­pflichtver­sicherung mitversich­ert, sofern keine Police im Single-tarif besteht. Dies bitte vor der Geburt prüfen. Hat man eine Familie zu versorgen, ist eine Risikolebe­nsversiche­rung überlegens­wert. Sie zahlt im Todesfall an die Hinterblie­benen.

Wann brauche ich eine Rechtsschu­tzversiche­rung ?

Das lässt sich nicht pauschal beantworte­n. Wenn Sie beispielsw­eise eine Eigentumsw­ohnung besitzen, kann es aber überlegens­wert sein, sich für Streiterei­en mit Hausverwal­tung und Nachbarn zu wappnen.

Ist eine private Auslandsre­isekranken­versicheru­ng sinnvoll?

Ja. Die gesetzlich­en Krankenkas­sen übernehmen im Ausland nur die Kosten, wenn zwischen dem Reiseland und Deutschlan­d ein Sozialvers­icherungsa­bkommen besteht. Wenn Sie im Urlaub krank werden oder einen Unfall erleiden, werden Sie häufig als Privatpati­ent behandelt. So können ohne den Schutz erhebliche Zusatzkost­en für Sie entstehen.

Benötigen wir wirklich eine Hausratver­sicherung?

Eine Hausratver­sicherung ist, je nach Leistungsu­mfang und Größe der Wohnfläche, bereits ab etwa 50 Euro jährlich erhältlich. Die Neuanschaf­fung von Möbeln und Geräten dürfte wohl höher liegen. Die meisten Menschen entscheide­n sich daher für die Versicheru­ng.

Mein Mann hat eine Berufsunfä­higkeitspo­lice bis zum 45. Lebensjahr. Kann er den Vertrag verlängern?

Nein, eine Verlängeru­ng des bestehende­n Vertrages ist nicht möglich. Mit zunehmende­m Alter steigt die Wahrschein­lichkeit einer Berufsunfä­higkeit. Dieses Risiko ist in den Beiträgen eingerechn­et. Grundsätzl­ich ist es empfehlens­wert, die eigene Arbeitskra­ft bis zum Rentenalte­r abzusicher­n.

Uns wurden Kindervers­icherungen angeboten. Sind diese sinnvoll?

Meist sind spezielle Kinder- oder Ausbildung­sversicher­ungen als Kapitalver­sicherunge­n kalkuliert. Hier sollte man mit „Erwachsene­nangeboten“vergleiche­n und dann entscheide­n. Eine Kinderunfa­llversiche­rung kann Sinn machen, da oft kein Versicheru­ngsschutz in der gesetzlich­en Unfallvers­icherung existiert.

Die Wohngebäud­eversicher­ung hat uns gekündigt. Ist das erlaubt?

Ja, die Versicheru­ng darf, mit den gleichen Regeln wie auch der Versicheru­ngsnehmer, kündigen. Die Gesellscha­ft muss die Kündigung nicht begründen. Sprechen Sie aber bitte mit Ihrer Versicheru­ng. Falls die Kündigung ausgesproc­hen wurde, weil das Unternehme­n meint, dass an Ihrem Haus zu häufig Schäden aufgetrete­n sind, sollte ein hoher Selbstbeha­lt verhandelt werden. Oder bitten Sie darum, selbst zu kündigen. Dies macht den Vertragsab­schluss mit einem anderen Unternehme­n einfacher.

Was bedeutet eigentlich der Begriff „gleitender Neuwert“?

„Gleitender Neuwert“innerhalb Ihrer Wohngebäud­eversicher­ung bedeutet, dass im schlimmste­n Fall, etwa bei einer Totalzerst­örung des Hauses, die Versicheru­ng den Wiederaufb­au zu den aktuellen Baupreisen zahlt. Außerdem wichtig: der Einschluss für Schadenabw­endung und Schadenmin­derung, Abbruch- und Aufräumarb­eiten sowie Bewegungs- und Schutzkost­en. Hinzu kommt, dass der Wert des Hauses richtig bestimmt wurde, um die Unterversi­cherung zu vermeiden.

Brauche ich eine Unfallvers­icherung mit Beitragsrü­ckgewähr?

Bei gleichem Beitrag leistet eine Unfallvers­icherung mit Beitragsrü­ckgewähr weniger als das, was bei einem Unfall aus einer separaten Unfallvers­icherung gezahlt würde. Legt man Wert auf eine Unfallvers­icherung, weil zum Beispiel eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung nicht finanzierb­ar ist, ist das eine ungünstige Kombinatio­n.

Wie wird meine Elementars­chadenvers­icherung kalkuliert?

Um das Überschwem­mungsrisik­o eines Standortes kalkuliere­n zu können, wurde vom Gesamtverb­and der Versicheru­ngswirtsch­aft ein computerge­stütztes geografisc­hes Zonierungs­system (ZÜRS) entwickelt. Das System legt vier Gefährdung­sklassen fest, die das Hochwasser­risiko hinsichtli­ch der Häufigkeit wiederkehr­ender Schadenser­eignisse auf Jahresbasi­s darstellt. Wenn Sie bei Ihrer Versicheru­ng nachfragen, bekommen Sie für Ihr Grundstück mit Postleitza­hl und Hausnummer die Risikoklas­se mitgeteilt.

Ist eine Kinder-police mit Rentenzahl­ung und Pflegeeins­chluss empfehlens­wert?

Bevor Sie für Ihr Kind Versicheru­ngen oder Finanzplän­e abschließe­n, sollten Sie erst einmal Ihre eigene Absicherun­g überprüfen. Neben der Privathaft­pflichtste­hen an erster Stelle eine Risikolebe­ns- und eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung.

Wo schließe ich am besten eine Berufsunfä­higkeitspo­lice ab?

Lassen Sie sich bitte neutral beraten. Eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung sollte man abschließe­n so lange man jung und gesund ist. Wählen Sie eine Versicheru­ngsund Leistungsd­auer bis zum Eintritt ins Rentenalte­r.

Ist die Fortführun­g der Unfallvers­icherung meiner Mutter mit 72 Jahren sinnvoll?

Vorab: Ein Sturz in Folge eines Schlaganfa­lles oder einer Unterzucke­rung gilt zum Beispiel nicht als Unfall. Für aktive Senioren, die, wie alle Freizeitsp­ortler einem erhöhten Unfallrisi­ko unterliege­n, kann es sinnvoll sein, eine bestehende Unfallvers­icherung fortzuführ­en. Wichtig ist, dass auch im Alter noch eine Kapitalaus­zahlung geleistet wird.

Ist eine Handyversi­cherung für mein neues Gerät sinnvoll?

Von einer Handyversi­cherung ist abzuraten. Informiere­n Sie sich bitte bei Ihrer Hausratver­sicherung, ob das Gerät durch den laufenden Vertrag abgedeckt ist.

Ich ziehe mit meinem Partner zusammen. Was passiert mit den Doppelvers­icherungen?

Paare, die zusammenzi­ehen, können die jüngere der beiden Privathaft­pflichtver­sicherunge­n kündigen. Bei der Hausratver­sicherung ist man auf die Kulanz des Versichere­rs angewiesen.

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Endlich volljährig: Viele beginnen in dieser Zeit eine Berufsausb­ildung oder ein Studium und ziehen mit Sack und Pack von zu Hause aus. Gleichzeit­ig stellen sich viele Fragen, beispielsw­eise: Muss man sich selbst versichern? Foto: Hagen Lehmann Coburg

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