Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Machtkampf um Maaßen
Der Präsident des Verfassungsschutzes sorgt für neuen Streit zwischen CDU, CSU und SPD
Spd-parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss. Merkel muss jetzt handeln“, wurde darin Generalsekretär Lars Klingbeil zitiert. Die Sätze waren in der engeren Parteiführung in einer Telefonschalte abgestimmt worden. Spd-chefin Andrea Nahles hatte Maaßen bereits am Montag nach einer Präsidiumssitzung ultimativ aufgefordert, Belege für seine Behauptungen vorzulegen, in Chemnitz habe es keine Hetzjagden gegeben und ein Video dazu könnte ein Fake sein. „Sollte er dazu nicht in der Lage sein, dann ist er in seinem Amt nicht länger tragbar.“Maaßen steht seit August 2012 an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes.
Am Nachmittag bat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Seehofer und Nahles dann zu sich. Am Nachmittag fuhren beide vor dem Kanzleramt vor: Krisentreffen. Seehofer weiß, dass die Frauen sich insgeheim einig sind. Sie wollen die Ablösung Maaßens. Nahles forderte sie öffentlich, Merkel schweigt, mutmaßlich zustimmend. Hatte Maaßen mit seinen Äußerungen doch auch sie und ihren Regierungssprecher angegriffen.
Maaßen verbrachte den Mittwoch in Berlin. Er besprach sich noch einmal mit Seehofer im Ministerium, bevor dieser ins Kanzleramt aufbrach. Wieder droht ein Zerwürfnis in der Koalition, wie schon nach dem verheerenden Streit der Union über die Zurückweisung von bestimmten Flüchtlingen an der Grenze. Für Seehofer wäre eine Ablösung Maaßens nach seiner klaren Positionierung ein großer Gesichtsverlust. Und die AFD würde wohl sehr rasch versuchen, Maaßen als eine Art Märtyrer für sich zu vereinnahmen. Die Koalition kommt nicht in Tritt. In der Union ist es der Dauerzwist zwischen den beiden Parteivorsitzenden Merkel und Seehofer, der lähmt. Viele Ungesagtes schwelt weiter, auch in der SPD.
Hinter den Kulissen ist die Nervosität riesig. Die AFD liegt in einzelnen Umfragen gleichauf oder vor der SPD, die bei der Bundestagswahl fast eine halbe Million Wähler an die Rechtspopulisten verlor. Nahles ist der Selbsterhaltungstrieb der Partei wichtig. Maaßen sei kein „Casus Belli“, also kein Grund für den Koalitionsbruch, wird betont. Offensichtlich setzt die SPD darauf, dass Maaßen freiwillig geht. Das wäre für alle Beteiligten die charmanteste Lösung, weil sie gesichtswahrend sowohl für Merkel, Nahles und Seehofer wäre. „Ein Verfassungsschutzpräsident von Format, der Raum für Spekulationen bietet und erkennbar das Vertrauen eines Teils der Regierungskoalition verloren hat, sollte selbst Konsequenzen ziehen. Dies würde Platz für einen echten Neustart bieten und eine der zahlreichen Belastungsproben der Koalition beenden“, sagte der nordrhein-westfälische Spd-landeschef Sebastian Hartmann. Am Abend hieß es nach Informationen unserer Redaktion, man wolle sich am Dienstag erneut treffen, um die Causa Maaßen zu beraten – mit dem Ziel „der weiteren Zusammenarbeit in der Koalition“. Es sei ein „gutes Gespräch“gewesen. Ein Ende des Koalitionskrachs? Nein, nur verschoben.