Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Fress-ferien für sächsische Rinder
100 Kühe aus der Gegend von Torgau weiden nun im Landkreis Saalfeld-rudolstadt
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Döschnitz.
Das Telefonat war ein regelrechter Hilferuf! Der Bio-bauer aus der Nähe von Torgau in Nordsachsen war verzweifelt. In anderen Jahren hatte er sich nur darum zu sorgen, wie seine Bio-rinder über den Winter kommen. Paradoxerweise stand in diesem denkbaren Sommer 2018 die Frage, wie er seine Wiederkäuer durch den Sommer bringen soll. Aufgrund außergewöhnlicher Hitze und Trockenheit sind viele Wiesen in der Norddeutschen Tiefebene regelrecht verbrannt. „Er musste schon Anfang Juli sein Winterfutter angreifen“, erzählt Mario Pauße, Leiter Tierproduktion der Agrargenossenschaft Königssee. Schon an der Stimme ist dem 53-Jährigen das solidarische Mitgefühl anzumerken. Immerhin hat seine Agrargenossenschaft, die genau 2942 Hektar Fläche bewirtschaftet, selbst 700 Milch- und Mutterkühe im Bestand. „Man hilft sich unter Kollegen“, sagt Pauße. Der Hilferuf stieß nicht auf taube Ohren. Nur wenige Tage später war er da, der Bio-bauer aus Nordsachsen. Was er sah, gefiel ihm.
„Wo ich selbst Urlaub machen würde, können auch meine Kühe hin“, stellte er zufrieden fest. Schnell waren sie sich handelseinig und somit hieß es für 100 Bio-rinder: Ab in die Fress-ferien nach Thüringen. Pauße hatte schon häufiger mal Pensionsvieh da, wie Landwirte den Allinclusive-urlaub für Wiederkäuer nennen, aber noch nie in diesem Ausmaß. Drei Lkwtransporte a 35 Tiere brachten die Grasfresser auf zwei Weiden nach Döschnitz. Die 100 Rinder wurden auf zwei Herden aufgeteilt. Die waldreiche, gebirgige Landschaft hat dafür gesorgt, dass der Sommer 2018 in Ostthüringen nicht allzu verheerend gewütet hat. Jedenfalls ist für die wunderschönen Bio-rinder der Rassen Charolais und Blonde d‘ Aquitaine bei Döschnitz der Tisch bestens gedeckt.