Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Sechs Arme und ein Besen
Der letzte Gang vor meinem Urlaub galt der Autowerkstatt. Seit Wochen blinkt auf der Amatur das Service-zeichen. Ein Mann, den eine innige Beziehung mit seinem Auto verbindet, kann das nicht verstehen. Er mahnt und drängelt und zieht die Augenbrauen hoch. Ich weiß selber, es ist nicht gut für den Motor und auch nicht für meine Reputation als Wagenhalterin. Aber wenn das Auto in der Werkstatt ist, bin ich bewegungsunfähig und muss andere Dinge verschieben. Man muss klug abwägen. Der Alltag einer Frau ist von einer komplizierten Kette von Verschiebungen geprägt. Psychologen sprechen von Prokrastination, eine ernste Persönlichkeitsstörung. Alles Unsinn. Es ist eine spezifisch weibliche Form des Alltagsmanagements. Wir prokrastinieren kontrolliert, weil wir es müssen. Das Patriachat hat irgendwann das Ding vom Multi-tasking in die Welt gesetzt. Seitdem hängt das uns Frauen als Klotz am Bein. Für Männer eine schöne Rechtfertigung, Dinge auszusitzen, auf die sie keine Lust haben. Die Multi-tasking- Fee macht das spielend. Und dann bilden sie sich sonstwas darauf ein, wenn sie im PC mal ein paar Amtsschreiben verfassen. Die männliche Vorstellung von „ multitasking“ist eine Mischung der Göttin Kali und Bibi Bloxberg: Sechs Arme und ein Besen zum Fliegen. Wir arbeiten ja dran. Dafür ahnen Männer nicht, wie viele aufgeschobenen Dinge sich von allein erledigen. Aber das bleibt unser Geheimnis.