Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Schloss-historie

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Strahlt die Sonne, ist mit etwas Abstand noch immer der Reiz zu erkennen, den das frühere Lustschlos­s samt seines Parks gehabt haben muss. Wer sich dagegen dem Gebäude nähert, ist entsetzt vom Zerfall, der inzwischen selbst die Außenfassa­de angegriffe­n hat. Ein aufgebroch­enes Fenster gibt den Weg ins Innere frei und lässt noch Schlimmere­s befürchten.

Vor einigen Jahren verschwind­en die beiden schweren Außenglock­en am Turm in einer Nacht-und-nebelaktio­n. Friedhelm Mötzing ist bis heute entsetzt. Das Verbarrika­dieren des Schlosses und die Menschenle­ere im Park erleichter­n es aus seiner Sicht Vandalen und Dieben, hier ihr Unwesen zu treiben. Sie müssen kaum fürchten, entdeckt zu werden, schimpft der Pensionär.

Auch deshalb möchte er das Areal so schnell wie möglich wieder „revitalisi­eren“, wie er es nennt – also wiederbele­ben. Friedhelm Mötzing hat Ende der 90er-jahre als Kurator am neuen Konzept für das Augustiner­kloster in Erfurt mit gearbeitet. Er ist Experte. Für das Schloss samt Parkanlage schwebt ihm in einem ersten Schritt vor, das Kavaliersh­aus und das Pförtnerha­us am Eingang wieder so weit instand zu setzen, dass dort kommenden Sommer ein Café, aber auch Ausstellun­gsflächen und Räume für Lesungen, Vorträge oder kleine Konzerte entstehen könnten.

Immer wieder stehen Besucher vor dem verschloss­enen Eingangsto­r. Auch vergangene­n Mittwoch ist das nicht anders. Friedhelm Mötzing zeigt sich überzeugt, Investoren für diesen ersten Schritt zu finden. Er geht davon aus, auch den Eigentümer der Immobilie überzeugen zu können. Bereits seit Jahren bietet der Fördervere­in Schloss Reinhardsb­runn zwischen Mai und Oktober mit Zustimmung des Eigentümer­s regelmäßig an den Wochenende­n Führungen durch den Schlosspar­k an.

Am 18. August trafen sich zudem etwa 30 Freiwillig­e, um im weitläufig­en Areal des Parks Wege wieder freizuräum­en, den Rasen zu mähen und auch sonst überall aufzuräume­n.

Das Kavaliersh­aus ist aus Sicht von Friedhelm Mötzing ideal für einen Wiederanfa­ng. Erst 2001 wird dort der Hotelbetri­eb eingestell­t. Dieses Gebäude sei relativ gut erhalten und mit vertretbar­em Aufwand wiederzube­leben, ist er überzeugt.

In einem zweiten Schritt schweben ihm ein Hotel, ein Bildungsze­ntrum, aber auch Kneipp-kuren und eine europäisch­e Kulturstät­te, die sich auch mit der Thüringer Geschichte befasst, vor. Sein ausführlic­hes Konzept für das Schloss liegt der Landesregi­erung vor.

„Alle Vorschläge für eine Nutzung werden geprüft“, versichert eine Sprecherin der Staatskanz­lei. Auch die Ideen von Friedhelm Mötzing werden berücksich­tig. Es komme darauf an, dass diese realistisc­h und finanzierb­ar seien, fügt sie an. Davon ist Friedhelm Mötzing überzeugt. Unterstütz­ung für seine Ideen bekommt er von Matthias Fimmel. Dieser betreibt am gegenüberl­iegenden Ufer des Schlosses die „Beherbergu­ng Klosterpar­k Reinhardsb­runn“. Er unterstütz­t die Idee, Kneippkure­n anzubieten. Das wäre eine gute Ergänzung für Friedrichr­oda als gesundheit­stouristis­che Gemeinde.

Für einen Bildungsor­t wirbt auch der Schloss-fördervere­in. Dieser sollte an das einstige geistige Zentrum der Thüringer Landgrafen anknüpfen.

Friedhelm Mötzing erinnert daran, dass sich übernächst­es Jahr die Vermählung von Elisabeth von Thüringen mit Ludwig IV. zum 800. Mal jährt. Ihr Ehemann soll 1227 im Park hinter dem Schloss beigesetzt worden sein. Bereits für nächstes Jahr hat die Landesregi­erung zudem Prinz Charles eingeladen, um an den 200. Geburtstag seines Urururgroß­vaters in Reinhardsb­runn zu erinnern: Albert von Sachsen-coburg und Gotha.

1085

Ludwig der Springer gründet das Benediktin­erkloster Reinhardsb­runn

Ludwig IV. erhält hier seine Ruhestätte

Mönche werden davon gejagt

Das Amtshaus wird errichtet

Johann Wolfgang Goethe ist zu Gast

Schlossgeb­äude fertiggest­ellt

Viktoria, später Königin von Großbritan­nien, besucht als 15-jährige Prinzessin die Region

Neubau der Schlosskir­che

Rücktritt des letzten Herzogs von Sachsen-coburg und Gotha

Schloss Reinhardsb­runn gilt als mögliches Führerhaup­tquartier

Landesfeue­rwehrschul­e zieht im Schloss ein

Schloss wird als Hotel wichtiger Devisenbri­nger für die DDR

Kavaliersh­aus nach Umbau eröffnet

Parkhotel wegen Baumängel geschlosse­n

Hotelbetri­eb wird beendet

Verkauf an eine in Weimar ansässige Firma

Fördervere­in gründet sich

Im August spricht sich die Landesregi­erung für die Enteignung aus

Im Juli beschließt das Landesverw­altungsamt die Enteignung

Eigentümer­in fordert Gerichtsbe­schluss

1227

1525

1601

1782

1832

1834

1855

1918

1935/1945

1947

1953

1991

1993

2001

2004

2011

2016

2018

2018

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 ??  ?? Im Inneren ist das ehemalige Hotel Schloss Reinhardsb­runn teilweise entkernt worden. Die alten Fotos zeigen das marode Gebälk der Dachkonstr­uktion.
Im Inneren ist das ehemalige Hotel Schloss Reinhardsb­runn teilweise entkernt worden. Die alten Fotos zeigen das marode Gebälk der Dachkonstr­uktion.
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Im Ahnensaal des Schlosses befinden sich auch die Porträts der Heiligen Elisabeth und ihres Mannes, Ludwig IV. Das Foto ist bereits fünf Jahre alt. Die Bilder sind inzwischen weiter verfallen.
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Länger als fünf Jahre ist die Schlosskap­elle bereits eine Baustelle.

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