Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Demokratie leben!“
Berlin.
Das am 1. Januar 2015 gestartete Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“unterstützt Initiativen, Vereine und Bürger in Deutschland, die sich für ein vielfältiges, gewaltfreies und demokratisches Miteinander einsetzen. 2017 wurde die Fördersumme des vom Bundesfamilienministerium koordinierten Programms mit 104,5 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Es werden lokale „Partnerschaften für Demokratie“unterstützt, ebenso die Landes-demokratiezentren sowie innovative Modellprojekte, etwa zur Radikalisierungsprävention oder zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft. (red)
Berlin.
Es muss einiges passieren, bis Franziska Giffey (SPD) ihre zuversichtliche Stimmung verliert. Doch die Ereignisse von Chemnitz und Köthen, die Provokationen und Entgleisungen im Bundestag, der Koalitionskrach um die Zukunft von Verfassungsschutzpräsident Hansgeorg Maaßen – das alles hat Spuren hinterlassen: Beim Gespräch in ihrem Büro klingt die oft so zupackend gut gelaunte Bundesfamilienministerin besorgt.
Frau Ministerin, Sie waren als erstes Kabinettsmitglied nach den Vorfällen in Chemnitz vor Ort, auch am Tatort der Messerattacke. Was macht Ihnen größere Sorgen: Flüchtlinge, die schwere Straftaten begehen, oder die Aufmärsche der Rechten?
Franziska Giffey: Mir macht beides Sorgen. Ein Mensch ist in Chemnitz gestorben, das ist ein schrecklicher Vorfall. Es ist ganz klar, dass Menschen darauf hoch emotional reagieren. Auch deshalb, weil es leider kein Einzelfall ist. Doch auch das, was in Chemnitz folgte, bereitet mir große Sorge. Überraschend ist ja nicht, dass es rechtsradikale Gruppierungen gibt, überraschend war die Massivität, mit der sie öffentlich aufgetreten sind. In kürzester Zeit wurde aus ganz Deutschland mobilisiert. Das ist ein Problem, bei dem wir nicht zur Tagesordnung übergehen dürfen.
Haben die Ereignisse von Chemnitz und Köthen das Land verändert?
Was ich an vielen Stellen erlebe, ist eine Polarisierung und Verrohung der Sprache. Da ist es auch nicht hilfreich, wenn der Bundesinnenminister erklärt, die Migration sei die Mutter aller Probleme. In Deutschland leben 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, von denen viele hier arbeiten, Steuern zahlen und Kinder großziehen. Wenn man all denen sagt, sie seien die Ursache für alle Probleme, dann ist das fatal. Das führt zu Verwerfungen. Wie will man das wiedergutmachen?