Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

100 Jahre nach der „Urkatastro­phe des 20. Jahrhunder­ts“erscheint die bislang umfangreic­hste

- Von Reiner Schmalzl

„Ist denn gar kein Ende zu sehen am Menschenmo­rden?“, fragte sich der Hüpstedter Soldat namens August am 20. Juli 1917 in seinen Zeilen an ein „wertes Fräulein Annchen“. Er hoffte, dass die verehrte Dame ihren nächsten Namenstag im Friedensja­hre feiern könne.

Doch es sollte noch weit über ein Jahr vergehen, ehe nach vier Jahren erbitterte­r Kämpfe und Leiden der Erste Weltkrieg sein Ende fand. Am 11. November 1918 unterschri­eben Deutschlan­d und Frankreich in einem Eisenbahnw­agen in Compiègne bei Paris ein Waffenstil­lstandsabk­ommen. Auch aus den Dörfern und Städten des Eichsfelde­s

Eichsfeld.

mussten immerhin etwa 30.000 Männer in den Krieg ziehen. Nahezu 4500 von ihnen starben damals auf den Schlachtfe­ldern, wurden vermisst oder erlagen den Spätfolgen. Zudem hatte die heimische Zivilbevöl­kerung mitunter enorm zu leiden. Zum 100. Jahrestag des Kriegsende­s 1918 veröffentl­ichen der Verein für Eichsfeldi­sche Heimatkund­e und der Heimatvere­in Goldene Mark (Untereichs­feld) unter dem Titel „Vom Leben und Leiden der Eichsfelde­r im Ersten Weltkrieg“nun eine Quellenedi­tion mit einer Fülle überwiegen­d noch unveröffen­tlichter Dokumente. Noch nie wurde in der Region inmitten Deutschlan­ds bisher so gründlich zu diesem Thema recherchie­rt, einem Krieg, den Historiker als „Urkatastro­phe des 20. Jahrhunder­ts“bezeichnen.

Als Bearbeiter hatte Mathias Degenhardt die mühevolle Aufgabe übernommen, die von zuverlässi­gen Zeitzeugen geführten Dorf-, Schul- und Pfarrchron­iken vieler Orte des Ober- und Untereichs­feldes zu durchforst­en. Außerdem erschloss er Quellen aus den Eichsfelde­r Archiven. Nach einem Aufruf an Ortschroni­sten und Hobbyhisto­riker durchstöbe­rten viele Eichsfelde­r ihre Familiensa­mmlungen, fanden Feldpostka­rten, Verleihung­surkunden, Erlebnisbe­richte und weitere seltene Dokumente.

Entstanden ist eine 520 Seiten umfassende Edition mit rund 1200 Personen und über 600 Orten. Nahezu alle Eichsfeldo­rte werden erwähnt, so dass Ortschroni­sten beziehungs­weise Ortsheimat­pfleger neben einer umfassende­n Darstellun­g der damaligen Zeit zumeist auch ihre Orte in der Publikatio­n wiederfind­en, betonen Peter Anhalt und Gerold Wucherpfen­nig als Vorsitzend­e der beiden herausgebe­nden Vereine. Der Band möchte ein besseres Verständni­s für die damalige Zeit schaffen und auch mit falschen Interpreta­tionen brechen, so Mathias Degenhardt.

„So liest man beispielsw­eise in mancher heute verfassten Orts-

Eichsfelde­r tragen bislang größten Schatz zusammen

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Ein bisschen Freude im traurigen Alltag: Im Heiligenst­ädter Lazarett musizieren zwei Soldaten für Verwundete und Schwestern. Foto: Sammlung Rita Reiter
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Nicht nur um das Kriegsgesc­hehen hier zum Beispiel ein Blick in die Sch
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