Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Ich finde sie schon interessant, unsere Geschichte“
Lesermeinungen zum 100. Jahrestag der Novemberrevolution und dem Ende des Ersten Weltkriegs
Welch ein Geschrei um den FC Rot Weiß. Und nun hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Bis zum nächsten Geschrei. Ich kann das alles nicht mehr für Ernst nehmen.
Uwe Dahncke, Weimar
Zu „Die Blutpumpe von Verdun“vom 5. November:
Am 11. November 1918 unterzeichnete die provisorische deutsche Reichsregierung den Waffenstillstand in einem Salonwagen der französischen Staatsbahn im Wald von Compiègne. 1940 wurde der Wagen von deutschen Soldaten aus dem Museum in Paris geholt und auf dieselbe Stelle im Wald von Compiègne gebracht, wo dann die französische Armee die Kapitulation unterzeichnen musste.
Dann wurde das gute Stück nach Berlin vor den Dom verbracht, wo es eine Weile als Trophäe zu besichtigen war. Dann kam der Salonwaggon aus heute unbekannten Gründen nach Ohrdruf bzw. Crawinkel auf ein Abstellgleis. Ein Anwohner hat mir das in Crawinkel erzählt. Im Jonastal (zwischen Arnstadt und Crawinkel gelegen) waren 1945 sehr viele Aktivitäten zu vermelden; vom Bernsteinzimmer bis Atomversuchen hielten sich die Gerüchte bis heute. Jedenfalls war da auch die Muna , eine große Munitionsfabrik. Man nimmt an, dass Häftlinge, die dort in großer Zahl arbeiten mussten, den Waffenstillstandswaggon 1945 abgefackelt haben. Reste davon sind in Crawinkel in einem kleinen Museum zu sehen!
Das superweiche Fahrgestell wurde bis Ende der 1980er im Reichsbahnausbesserungswerk Gotha verwendet! Bei der Einweihung eines kleinen Denkmals 2007 waren der französische Botschafter und hohe Militärs aus Paris und Berlin anwesend. Crawinkel ist Partnerstadt von St. Denis.
Ich finde, sie schon interessant, unsere Geschichte!
Horst Topf, Heiligenstadt
Eine weitere Meinung:
Der 9. November ist ein Schicksalstag der deutschen Geschichte. Die Abdankung des Kaisers als Höhepunkt der Novemberrevolution liegt genau 100 Jahre zurück, zugleich jährt sich die Reichspogromnacht vor 80 Jahren. Zwei Ereignisse, die sich diametral gegenüberstehen. Auf der einen Seite der hoffnungsvolle Aufbruch in die Demokratie, auf der anderen Seite die offene Barbarei.
Die Novemberrevolution hat sich im Herbst 1918 mit rasender Geschwindigkeit über ganz Deutschland ausgebreitet. Die Revolution setzte eine ganze Reihe von demokratischen und sozialen Errungenschaften durch, die für uns heute selbstverständlich sind. Zum Beispiel die Weimarer Reichsverfassung. Mit ihr wurde das Deutsche Reich zu einer föderativen Republik mit einem gemischt präsidialen und parlamentarischen Regierungssystem.
Die Weimarer Republik gilt als ein Lehrstück für die Gefährdung und Selbstgefährdung der Freiheit. Jüngste Entwicklungen in unserer Demokratie scheinen an Zustände während der Weimarer Republik immer mehr zu erinnern. Die klugen Worte von Georg Wilhelm Friedrich Hegel sollten uns eine Warnung sein: „Aus der Geschichte der Völker können wir lernen, das die Völker aus der Geschichte nichts gelernt haben.“
Stanislav Sedlacik, Weimar