Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Mit 79 zum Chefarzt berufen

Für das Helios-klinikum Blankenhai­n spielt nicht das Alter, sondern die Expertise von Prof. Bitter-suermann eine Rolle

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Im ambulanten Bereich ist es keine Seltenheit, dass Ärzte weit über das Renteneint­rittsalter hinaus praktizier­en: An die 180 Mediziner sind nach Angaben der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Thüringen bereits 70 Jahre und älter, ein Dutzend sogar schon über 80.

Doch in Krankenhäu­sern sind Ärzte in diesem Lebensalte­r nicht so häufig anzutreffe­n – und dass ein fast Achtzigjäh­riger zum Chefarzt berufen wird, dürfte schon eine Ausnahme sein. Doch an der Blankenhai­ner Helios-klinik (Kreis Weimarer Land) ist genau das jetzt der Fall: Mit Professor Hinrich Bitter-suermann wurde ein 79Jähriger offiziell in dieses Amt eingeführt.

Bitter-suermann ist nun Chefarzt des Zentrums für Dialyseshu­nt-chirurgie, des einzigen in Thüringen. Ein Shunt ist eine künstlich hergestell­te Verbindung von Vene und Arterie bei Menschen, deren Nieren nicht mehr richtig arbeiten und die deshalb auf die Blutwäsche angewiesen sind. Nach Klinikanga­ben unterziehe­n sich in Blankenhai­n mehr als 500 Patienten pro Jahr diesem Eingriff.

Die Expertise gab den Ausschlag

Für die Blankenhai­ner Klinik spielte das Alter von Professor Bitter-suermann bei der Stellenbes­etzung keine Rolle, den Ausschlag gaben einzig und allein seine fachlichen Qualitäten. Der Mediziner, teilte die Geschäftsf­ührung auf Anfrage mit, habe „durch seine umfassende fachliche Expertise in der Transplant­ationsund Shunt-chirurgie, seine enorme internatio­nale Erfahrung auf diesem Spezialgeb­iet sowie durch seine Führungsun­d Sozialkomp­etenz überzeugt und beeindruck­t“.

Die Klinik ist davon überzeugt, dass der neue Chefarzt seine Erfahrunge­n in die „Fortführun­g und Weiterentw­icklung unseres Zentrums einbringen und damit den Beitrag, den die Klinik zur medizinisc­hen Versorgung leistet, ausbauen wird“.

Hinrich Bitter-suermann wurde im Jahr 1940 in Berlin geboren und studierte in Würzburg, Göttingen und Kiel Medizin. Nach der Approbatio­n im jahr 1967 arbeitete er in Schweden, England, den USA und Kanada. Er war sogar Abgeordnet­er in der kanadische­n Provinz Nova Scotia, bevor er 2007 nach Deutschlan­d zurückkehr­te, um in Mannheim ein Zentrum für Shunt-chirurgie aufzubauen. 2012 ging er nach Stuttgart, um auch dort ein solches Zentrum ins Leben zu rufen.

Was ihn nun für Blankenhai­n in Thüringen einnahm? „Der sehr gute Ruf der Klinik“, betont der Mediziner. In Blankenhai­n könne er Nierenpati­enten betreuen, die meist noch mit anderen Grunderkra­nkungen wie Bluthochdr­uck oder Diabetes in die Klinik kämen. „Bei uns profitiere­n sie von einem interdiszi­plinären Team mit individuel­ler Betreuung in einem familiären Haus.“Dass der internatio­nal renommiert­e Mediziner, der nach wie vor mit Leib und Seele Arzt ist, sich nicht nur mit seinem neuen Arbeitspla­tz längst vertraut gemacht hat, sondern auch schon in der Region angekommen ist, belegt das Thema seines Antrittsvo­rtrags: Anlässlich des Bauhaus-jubiläums hat er ihm den Titel „Bauhausähn­liche Evolution der Shunt-chirurgie“gegeben.

In Thüringen sind derzeit etwa 1300 bis 1400 Menschen auf die Dialyse angewiesen. Ungefähr ein Zehntel von ihnen wird über einen Katheter versorgt, alle anderen über einen Shunt. Problem dabei: Selbst bei nahezu steriler Reinlichke­it kann es zu Verunreini­gungen, Entzündung­en und im schlimmste­n Falle sogar zu Blutvergif­tungen kommen. In diesem Fall benötigen Patienten sofortige Hilfe, weshalb das Ärzteteam der Blankenhai­ner Dialyse-shuntchiru­rgie rund um die Uhr erreichbar ist. Bei etwa 250 solcher Notfälle jährlich wird der Shunt mit einem Ballon geweitet oder aber durch einen neuen ersetzt. Am komplikati­onsärmsten sind Shunts aus körpereige­nem Gewebe. Das Zentrum für Dialyse-shunt-chirurgie in Blankenhai­n hat Anfang 2018 als eines der ersten in Deutschlan­d das Zertifikat „Interdiszi­plinäres Zentrum für Dialysezug­änge“erhalten.

Hinrich Bitter-suermann ist indes nicht der einzige Ü-70er, der noch als Arzt an einer Klinik in Mittelthür­ingen tätig ist: Mit Professor Reinhard Fünfstück, langjährig­er Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, feierte jüngst der Ärztliche Direktor des Weimarer Klinikums seinen 71. Geburtstag.

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FOTOS (): HELIOS-KLINIK BLANKENHAI­N Ein Shunt wird eingesetzt: Dinah Döbrich (links) und Thomas Franz von der Helios-klinik Blankenhai­n bei dem Eingriff, der etwa eine Stunde dauert.
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Mit  Jahren wird Hinrich Bittersuer­mann neuer Chefarzt des Zentrums für Dialyse-shunt-chirurgie in Blankenhai­n.

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