Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Thüringer Polizei verstärkt Sicherung jüdischer Einrichtun­gen

Zwei Tote bei Angriff auf Synagoge und Döner-imbiss in Halle. Behörden vermuten rechtsextr­emistische­n Hintergrun­d

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Die Polizei in Thüringen hat gestern nach dem schwer bewaffnete­n Angriff in Halle/saale mit der intensiven Sicherung jüdischer Einrichtun­gen im Freistaat begonnen. Zudem sind entlang der Landesgren­ze zu Sachsen-anhalt, aber auch auf den Autobahnen durch Thüringen, verstärkt Polizeifah­rzeuge und Beamte im Einsatz.

Es bestehe keine konkrete Gefahr, sagte eine Polizeispr­echerin. „Die Thüringer Polizei unterstütz­t die Fahndungsm­aßnahmen nach dem oder den flüchtigen Tätern.“Nach Informatio­nen dieser Zeitung forderte die Polizei in Sachsen-anhalt Teile des Thüringer Spezialein­satzkomman­dos (SEK) an.

Gestern hatte kurz nach Mittag in Halle offenbar ein schwer bewaffnete­r Angreifer zwei Menschen der Nähe einer Synagoge und in einem Döner-imbiss erschossen.

Der mutmaßlich­e Einzeltäte­r soll einen Kampfanzug samt Helm getragen haben. Der Angreifer habe auch versucht, ins Innere der Synagoge einzudring­en, heißt es.

Etwa zwei Stunden nach der Tat konnte die Polizei in Halle eine Festnahme vermelden. Zu diesem Zeitpunkt wurden weitere schwer bewaffnete Angreifer noch auf der Flucht vermutet.

Am Abend hoben die Behörden die Gefährdung­slage für Halle wieder auf. Die Ermittlung­en hatten ergeben, dass es sich bei dem festgenomm­enen Mann um den Angreifer handeln soll, der als Einzeltäte­r gehandelt und seine Tat offenbar mit einer Helmkamera gefilmt haben soll.

Kurz nach der Bluttat hat der Generalbun­desanwalt die Ermittlung­en zur Schießerei an sich gezogen. Ermittelt werde wegen Mordes von besonderer Bedeutung, berichten mehrere Medien. Die Tat hat nach Angaben von Bundesinne­nminister Horst Seehofer sehr wahrschein­lich ein rechtsextr­emistische­s Motiv. „Nach Einschätzu­ng des Generalbun­desanwalts gibt es ausreichen­d Anhaltspun­kte für einen möglichen rechtsextr­emistische­n Hintergrun­d“, teilte Seehofer mit.

Am Abend berichtet das Magazin Spiegel über einen Stephan B. genannten Einzeltäte­r, der ein 27 Jahre alter Deutscher sein soll und aus Eisleben in Sachsen-anhalt stamme. Sein selbst gedrehtes Video soll die Morde, aber auch klare Hinweise auf antisemiti­sche und rechtsextr­eme Motive zeigen.

Entsetzen, Trauer und auch Angst herrschen in der Jüdischen Landesgeme­inde Thüringen. Man habe immer wieder auf die Zunahme antisemiti­scher Vorfälle aufmerksam gemacht und vor einer Zuspitzung der Situation gewarnt, so der stellvertr­etende Vorsitzend­e Juri Goldstein. „Wir sind sehr besorgt, wie die Entwicklun­g weitergeht. Von der Politik und den Ermittlung­sbehörden erwarten wir jetzt schnelle Aufklärung.“

„Heute am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, wurden zwei Menschen vor einer Synagoge ermordet. Wir, die Ahmadiyya Muslim Jamaat, verurteile­n diesen perfiden Anschlag aufs Schärfste!“, erklärte gestern Mohammad Suleman Malik, Sprecher der muslimisch­en Gemeinde in Erfurt.

Am Abend wurde die Sicherheit­swarnung für Halle wieder aufgehoben.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Nach den Schüssen in Halle wurden überall in Deutschlan­d die Sicherheit­svorkehrun­gen verstärkt.

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