Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Alle wollen die Jugendliebe hören“
In seinem Podcast spricht Ta-chefredakteur Jan Hollitzer mit Ute Freudenberg über ihr neues Album, ihren Kulthit, Flucht und Rückkehr sowie Ossis und Wessis
Die Sängerin und Entertainerin Ute Freudenberg begeistert ihre Fans seit vier Jahrzehnten. Ihr Schlager „Jugendliebe“machte sie schon zu Ddrzeiten bekannt und gehört heute zu den populärsten Klassikern der DDR-ROCK- und Popgeschichte. Über ihre Sicht auf den Ostrock und ihre Flucht in den Westen berichtet sie in der neuen Folge des Ta-podcasts „Hollitzer trifft ...“. Nachfolgend ihre Antworten in Auszügen – Ute Freudenberg über
Ich habe ein tolles Produktionsteam gefunden mit Jeanette Biedermann, Jörg Weißelberg und Simon Allert. Ich wusste gar nicht, dass Jeanette auch textet. Mit ihrem Team und meiner Managerin haben wir ganz viel über das Leben geredet, dabei fiel auch mein Titel-satz „Ich weiß ja schließlich, wie Leben geht“. Das war eine wunderbare Zusammenarbeit mit Jeanette, wir haben uns viel zu sagen. Zwei Weiber, die gut im Leben zurecht kommen und mit beiden Beinen auf der Bühne des Lebens stehen.
Als wir das Lied 1978 das erste mal spielten, sind die Leute schier ausgerastet. Den Text mussten wir aber vorher ändern. Ursprünglich hieß es in der Mehrzahl: „Jugendlieben sind wie Blütenstaub im Wind, wie der Sonnenschein, der tief im Meer versinkt...“Laut Lektorat gab es keine Jugendlieben, aufgenommen wurde es dann mit der Einzahl „Jugendliebe“.
Wir waren oft gezwungen, Dinge, die wir aussprechen wollten, zwischen die Zeilen zu schreiben. Das kann auch nur ein Ddrbürger – zwischen den Zeilen lesen. Dadurch ist eine einmalige Lyrik entstanden und wir können wirklich stolz auf unsere Musik dieser Zeit sein, ob das nun Karat, City, Silly, Lift oder Elektra waren. Ich möchte niemanden vergessen.
Plötzlich wurde überprüft, ob wir reisen dürfen oder nicht. Da habe ich den Staat von seiner schlimmsten Seite kennen gelernt. Für mich gab es nur einen Ausweg: wenn ich jemals wieder reisen darf, werde ich gehen. Da habe ich auch nicht drüber nachgedacht, ob ich das überstehe oder nicht. Ich habe nur gewusst, dass ich gehen muss, weil ich sonst die DDR seelisch nicht überlebt hätte. Ich bin dann ganz krank geworden. Es war gut, dass ich dann im April 84 zur Aktuellen Schaubude nach Hamburg fahren durfte. Da bin ich dann dieses größte Wagnis meines Lebens eingegangen. Ich wusste ja nicht ob ich meine Familie jemals wiedersehe.
Früher gab es den Westen und den Osten, erfüllte und unerfüllte Träume. Leider gibt es weiter hohe Mauern, auch von den Medien geschürt, anstatt alle zu verbinden. Man sollte mit dem Gerede von Ossi und Wessi aufhören.
Das Gespräch zum Anhören: www.thueringerallgemeine.de/ podcast oder bei Spotify und Apple-podcast