Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Lilo lacht weiter laut und gern

Schauspiel­legende Liselotte Pulver wird 90

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Der Reporter der Zeitschrif­t „Film“war angesichts von Liselotte Pulver aus dem Häuschen: „Eine junge, seidenhaar­ige Jagdhündin ist diesem Wesen ähnlich, so wach beobachten­d, so schnell und klug auf jeden Eindruck reagierend, so etwas unbeholfen schlank, flink, verspielt und mit einem so ahnenden Auge“, schrieb der Mann 1953 verzückt über „Liselotte aus der Schweiz“. Man ahnt das legendäre Lachen, das der Schweizer Schauspiel­erin bei diesen Zeilen aus der Kehle kommt. Am heutigen Freitag wird Pulver 90 Jahre alt.

Die Stilblüte mit der Jagdhündin hat sie aus ihrem umfangreic­hen Privatarch­iv gefischt. Das Beste daraus, Fotos, Briefe, Filmplakat­e, Artikel und private Aufzeichnu­ngen präsentier­t sie in einem neuen Buch: „Was vergeht, ist nicht verloren“. Sie lädt Leser damit zu einer Reise in die Zeit des deutschen Wirtschaft­swunderkin­os ein.

Sie lache weiter laut und gerne, schreibt sie, zum Beispiel, wenn sie an ihrem Seniorenhe­im in ihrer Heimatstad­t Bern durch die Felder spaziert und eine galoppiere­nde Kuh sieht. Die Botschaft: Mir geht‘s gut. Sie ist sogar noch mit ihrem Mercedes Coupé unterwegs, wenn ihr der Sinn danach steht.

Pulver beschreibt etwa, wie sie unter Billy Wilders Regie ihren „Traum von der Sexbombe“verwirklic­hen durfte. Als Fräulein Ingeborg tanzte sie 1961 im Pünktchen-kleid und mit aufgepeppt­em Busen in Wilders Film „Eins, Zwei, Drei“so verführeri­sch auf dem Tisch, dass buchstäbli­ch die Wände wackelten – und zeigte damit, dass sie das Zeug zur Schweizer Antwort auf Hollywood-star Marilyn Monroe hatte.

Dabei setzte Pulver in den Nachkriegs­und Wirtschaft­swunderjah­ren in ihren Rollen eher auf burschikos als sexy. Wie 1955 in „Ich denke oft an Piroschka“, in dem Film betörte sie als junge Ungarin Piri einen deutschen Studenten. Im „Wirtshaus im Spessart“wickelt sie als Räuberbrau­t einen verarmten Grafen um den Finger. Pulver stand mit Filmgrößen wie Hans Albers, Gustaf Gründgens, Heinz Rühmann, Curd Jürgens, O.W. Fischer und Hardy Krüger vor der Kamera, und in Frankreich unter anderem mit Jean Gabin. Weitere Kinoerfolg­e: „Die Zürcher Verlobung“1957 an der Seite von Paul Hubschmid etwa, als Zaza in „Die Bekenntnis­se des Hochstaple­rs Felix Krull“1957, in den „Buddenbroo­ks“oder als lesbische Äbtissin in der Diderot-verfilmung „Die Nonne“.

Mit dem Aufkommen des Neuen Deutschen Films Ende der 60er Jahre war ihre Glanzzeit vorbei. In der Ära von Regisseure­n wie Werner Fassbinder und Wim Wenders war statt Unterhaltu­ng im Film Gesellscha­ftskritik angesagt. In den 80erjahren war sie in der „Sesamstraß­e“im Kinderfern­sehen. Ihr letzter Kinofilm war „Das Superweib“1996 mit Veronica Ferres. (dpa)

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FOTO: JENS KALAENE Liselotte Pulver

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