Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Die Zweitbeste der Welt
Judo: Heiligenstädterin Helen Schwenderling erkämpft sich bei der Veteranen-wm in Marokko die Silbermedaille
Sie ist jetzt die zweitbeste Kämpferin der Welt in ihrer Alters- und Gewichtsklasse. Helen Schwenderling (KSV Budokan Heiligenstadt) hat sich bei den Judo-weltmeisterschaften der Veteranen in Marrakesch (Marokko) die Silbermedaille gesichert. In der Kategorie F1 (30 bis 34 Jahre) musste sich die Eichsfelderin in der Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm im entscheidenden Duell Natasha Glassford (Großbritannien) geschlagen geben, nachdem sie ihre vorherigen zwei Kämpfe klar gewonnen hatte. Bei der Europameisterschaft im Sommer auf Gran Canaria hatte Schwenderling Glassford im Finale bezwungen.
Und so strahlte die 30-Jährige zwar bei der Siegerehrung über Silber bei ihrer Wm-premiere, aber gänzlich ungetrübt war die Freude bei Schwenderling nicht. „Es wäre mehr drin gewesen“, räumte die Heiligenstädter Athletin nach ihrem Duell um Gold ein. Gegen die einen Kopf größere Gegnerin musste Schwenderling jedoch mit einem großen Handicap antreten. Das war nicht körperlich bedingt, sondern vielmehr psychisch. Auf der Nebenmatte hatte sich die Heiligenstädterin Nadine Rößler schwer verletzt, musste mit einem ausgerenkten Ellbogen schließlich ins Krankenhaus gebracht und operiert werden. „Deshalb war ich mit dem Kopf nur halb auf der Matte“, gab Schwenderling zu.
Und das reichte trotz Führung nach nur zehn Sekunden nicht, um Glassford in Schach halten zu können. „Vielleicht habe ich ein bisschen die Spannung verloren“, bekannte die Heiligenstädterin. Und so schnappte sich die Kontrahentin mit einem Wurf schließlich die goldene Medaille. „Ich habe mich ein bisschen geärgert, denn es war unnötig“, erklärte Schwenderling.
Der ganze Wettkampftag, der mit dem zweiten Platz letztlich doch ein sportlich erfolgreiches Ende für die Eichsfelderin nahm, sei ein einziges „Auf und ab“gewesen. Dem finalen Kampf folgte die schnelle Fahrt ins Krankenhaus, um ihre Teamkollegin Rößler zu besuchen. Anschließend ging es zurück zur Wettkampfstätte, einem eigens aufgebauten Hallenkomplex mit Platz für 2000 Zuschauern. Die Zeit bis zur und bei der Siegerehrung habe sich „ganz schön hingezogen“, aber „die Medaille ist schick.“
Die Kämpfe zuvor gegen ihre drittplatzierte Landsfrau Daniela Kortmann sowie die Französin Celine Hildenbrand hatte Schwenderling problemlos gewonnen. „Ich wollte auf´s Treppchen“, erklärte sie. Im Vorfeld hatte sich die Eichsfelderin, die Anreise und Aufenthalt aus eigener Tasche bezahlen musste, auch per Videostudium auf ihre erste WM vorbereitet. Dass die Chancen auf eine vordere Platzierung gegeben waren, das war Schwenderling klar, denn sie hatte alle Konkurrentinnen zuvor bereits bezwungen.
Ihr Freund und Bruder fieberten auf der Tribüne gemeinsam mit gut 2000 Zuschauern mit, Familie und Freunde zeitgleich vor dem Computer, da der globale Wettstreit per Live-stream im Internet übertragen wurde. Von den deutschen Anhängern erhielt die 30-Jährige, die in Duderstadt als Produktmanagerin arbeitet und vier- bis fünfmal in der Woche auf der Judomatte steht, während und auch nach den Kämpfen lobende Worte von der Tribüne aus: „Das kannte ich so vorher nicht.“
Am Tag nach dem Wettkampf gönnte sich die Wm-silbermedaillengewinnerin noch einen entspannten Tag am Swimmingpool, bevor es zurück nach Deutschland ging. Im kommenden Jahr werden die Titelkämpfe in Polen stattfinden. Dort wird die Eichsfelderin wahrscheinlich erneut antreten und so die Chance erhalten, erneut eine Wm-medaille zu holen. Ende November stehen aber erst einmal die Mitteldeutschen Meisterschaften an. Dort will sich die 1,64 Meter große Kämpferin die Qualifikation für die Deutsche Meisterschaft im kommenden Jahr sichern.
Vorbereitung per Videostudium