Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Auf dem Weg zur digitalen Schule
Beim Lernen am Computer hinkt Thüringen hinterher. Die CDU macht nun Druck
Die Corona-krise hat die Schwachstellen gnadenlos offengelegt und den Druck im Kessel erhöht: Thüringen liegt beim digitalen Wandel im Schulwesen weit zurück. Noch im Juli will die Cdulandtagsfraktion nun einen Antrag zu dem Thema einbringen. Am Mittwoch wurde er beschlossen.
An die Landesregierung geht dabei nicht nur der Auftrag zu ergründen, warum die Digitalisierung bislang so schleppend voranging und die Schulträger nur geringe Mittel aus dem Digitalpakt Schule von Bund und Ländern abgerufen haben. Die Fraktion fordert die Regierung vor allem dazu auf, ein ganzes Maßnahmenbündel auf den Weg zu bringen, um Thüringen bei der Digitalisierung der Schulen auf das Niveau von Ländern wie Dänemark oder Estland zu heben.
„Wir wollen möglichst wenig von oben verordnen, sondern die Digitalisierung von der Schule her denken“, sagt Christian Tischner, bildungspolitischer Sprecher und stellvertretender Chef der Cdufraktion. Die Politik müsse vor allem die Rahmenbedingungen schaffen, „die leider in Thüringen besonders schlecht sind“.
Grundvoraussetzung sei der schnelle Breitbandausbau. Erst wenn jede Schule einen entsprechenden Anschluss habe, könne sie auch die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik nutzen. Deshalb müssten die Kommunen als Schulträger stärker beim Ausbau des Glasfasernetzes unterstützt werden.
Zweiter wichtiger Schritt sei die Ausstattung der Schulen mit Technik: Christian Tischner ist davon überzeugt, dass klassische Informatik-räume, „in die man 15 Rechner stellt, die sowieso zehn Jahre alt sind“, ausgedient haben. Stattdessen müssten digitale Klassenzimmer mit umfangreicher Medienausstattung eingerichtet werden, „Medialabs“heißt das im Cdu-papier.
Ob in normalen Klassenräumen Whiteboards, also mit speziellen Stiften beschreibbare digitale Tafeln,
der Weisheit letzter Schluss sind oder Großbildschirme, die anzeigen, wie der Lehrer mit dem Tablet arbeitet, das müssten Fachleute entscheiden.
Die Cdu-fraktion ist Tischner zufolge dafür, dass jede Schule einen Pool an Laptops oder Tablets bekommt und eigenverantwortlich entscheidet, an welche Schüler sie die Geräte ausleiht. Tischner verhehlt nicht, dass er eine Benachteiligung ländlicher Schulen befürchtet, wenn das Land bei der Verteilung der Mittel aus dem Sofortausstattungsprogramm des Digitalpakts Schule neben der Schülerzahl auch soziale Maßstäbe anlegt.
Aber auch den Lehrern sollte bei Bedarf Technik zur Verfügung gestellt werden. „Ein ganz großes Thema ist zudem die Fortbildung. Da muss es mehr dezentrale Angebote geben, nicht nur Fortbildungen in Erfurt oder am Thillm in Bad Berka“, sagt der Bildungspolitiker. Gemeint ist das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien.
Genauso benötigten die Schulen einen Lernmittelkatalog für digitale Medien. „Denn gerade mit Blick auf den Datenschutz müssen sich Lehrer sicher sein, dass sie mit der richtigen Software oder Lernplattform arbeiten.“Die Ende 2019 gestartete Thüringer Schulcloud sei ein Schritt in die richtige Richtung, doch es deuteten sich bereits Kapazitätsprobleme an, wenn die Zahl ihrer Nutzer steigt.
Für unerlässlich hält die Cdufraktion auch die Einführung von Schulkonten, um etwa Geldflüsse für Klassenfahrten darüber abzuwickeln. „Mit der Verwaltung eines
Budgets könnte dann auch jede Schule eigenverantwortlich Technik oder Software kaufen, die sie braucht.“Bei Bildungsminister Helmut Holter (Linke) renne die CDU damit offene Türen ein, das Spd-geführte Finanzministerium bremse noch.
Tischner erwartet, dass sich der Landtag nach der Sommerpause intensiv mit dem Antrag befasst, „um noch im Herbst mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen erste Schwerpunkte zu setzen.
Ziel sei es ausdrücklich nicht, das Lernen in der Schule abzuschaffen: „Das Homeschooling muss zwar auch verbessert werden. Es geht aber vor allem darum, analoge und digitale Schule gut miteinander zu verbinden.“Einen ersten Zwischenbericht soll die Landesregierung im Februar 2021 vorlegen.