Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Farbenprächtige Vielfalt bei heimischen Insekten Natur im Eichsfeld (121)
Die Rotfleckige Schmuckwanze
Bei vielen Menschen weckt der Begriff Wanzen unangenehmen Assoziationen an verwanzte Zimmer. Je nach Erfahrungen oder Phantasie wird an die in Fußbodenritzen, hinter Möbeln, Tapete und Wandverkleidungen versteckten Bettwanzen oder Abhörgeräte gedacht.
Erstere verlassen nachts ihren Unterschlupf, um am friedlich schlafenden Menschen Blut zu saugen. Bettwanzen sind im Eichsfeld aber schon die einzigen Wanzen, welche bei Menschen als Parasiten auftreten. Zwar gibt es in der Verwandtschaft der Bettwanzen noch weitere Arten, die zum Beispiel in Vogel- und Kleinsäugernestern zu Hause sind, aber nur in Ausnahmefällen statt am Vogel auch mal am Menschen Blut saugen.
Die meisten der etwa 900 in Deutschland vorkommenden Wanzenarten leben dagegen eher unbemerkt im Wasser, am Boden oder an Pflanzen. Spürt man ihnen nach und betrachtet sie eingehender, dann entdeckt man eine
Tiergruppe von großer Formenvielfalt und Farbigkeit, deren Vertreter durchaus das ästhetische Schönheitsempfinden vieler Menschen ansprechen können. Eines dieser im Eichsfeld zu findenden „Schmuckstücke“ist die Rotfleckige Schmuckwanze (Calocoris roseomaculatus). Sie zeigt eine enge Bindung an Korbblütengewächse. Die Tiere sitzen offen auf den Blüten und saugen an den Staubbeuteln, Fruchtknoten und reifen Samen. Diese Wanze bevorzugt besonnte und warme Orte, wie sie auf Magerrasen, trocknen und mageren Wiesen und Weiden zu finden sind. In diesen Lebensräumen kommen dann auch ihre Nahrungspflanzen vor, wie Wiesen-margerite, Färber-kamille und Schafgarbe.
Tiere brauchen Stauden und ganz bestimmte Kräuter zum Überleben
Diese Lebensräume mit ihrer reichen Pflanzenwelt, gehen leider in Deutschland immer mehr verloren. Hauptgrund dafür ist die großflächige Düngung von Grünland mit Gülle. Deshalb ist auch die Rotfleckige Schmuckwanze vielerorts selten geworden.
Die an Pflanzen saugenden Wanzenarten zeigen sehr häufig eine Bevorzugung bestimmter Pflanzenarten, weil sich nur an diesen ihre Larven entwickeln können. Daneben brauchen viele Arten noch ein zusätzliches Angebot an verschiedenen Kräutern. Werden diese selten oder sterben gar aus, wie es ja der momentane Trend ist, verschwinden auch die an ihnen lebenden Wanzenarten. Zudem brauchen Wanzen zur Überwinterung geeignete Strukturen, wie Hochstaudenfluren auf Brachflächen und an Feld- und Wegrändern sie bieten können.
Seit Jahrzehnten gehen aber solche Landschaftselemente zurück. Der übertriebene Ordnungssinn in unseren Siedlungen und in der Agrarlandschaft fördert Strukturarmut und den Rückgang der botanischen Vielfalt. Meist unbemerkt und schleichend geht damit auch der Rückgang der Wanzen einher. Auch unspezialisierte „Allerweltsarten“sind davon betroffen. Nur ein Umdenken hinsichtlich der Nutzung unserer Landschaft und eine Förderung der Lebensraumvielfalt kann den Artenschwund – auch bei den heimischen Wanzen – stoppen.