Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Der rote Faden darf nicht reißen!
Ein junger Vater von drei Kindern schrieb uns folgende Zeilen:
„Die Zeit der Corona-wochen ist für mich in der Rückschau so eigenartig – einerseits in gewisser Weise wie eine Zeitblase ohne Dimensionen, weil sie nach außen so ereignislos verlief, und andererseits so herausfordernd vollgestopft, weil wir die ganze Zeit zu fünft aufeinander hockten und aufpassen mussten, den roten Faden, die gute Laune und uns selbst nicht zu verlieren.“
Diese Konzentration nach innen, bei wenig Ereignis nach außen. Der rote Faden…
Mit Bewunderung haben meine Frau und ich auf unseren Spaziergängen die vielen jungen Familien wahrgenommen, die auf ihre Art versuchten, diesen roten Faden zu finden und zu behalten. Mit Sorge und Achtung gedachten wir der vielen Familien, die in diesem Jahr eine Erstkommunion oder Konfirmation hätten feiern können und alles verschieben mussten. Jedes der zahlreichen Lebenszeichen unserer Kinder und ihrer Familien hat uns große Freude geschenkt!
Der rote Faden…. Und dazu passt, was die römisch-katholischen Christen morgen im Sonntagsevangelium hören werden: „In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast.“
Das ist der rote Faden: Dass Gottes Geist in uns wirkt, uns trägt und uns heilt! Aber wir hörten auf vielerlei Weise, dass der rote Faden auch gerissen ist: Da häuften sich in Kinderarztpraxen Verletzungen, die nur durch Gewalt entstanden sein konnten. Mütter und Väter wussten sich kaum noch zu helfen. Und das allerschlimmste, etwas, was mit der Pandemie nichts zu tun hat: Die widerliche Sünde sexueller Gewalt gegen Kinder. Und komme mir da keiner: „Ja, aber die Kirche…“
Wo diese Schandtaten geschehen und durch wen, das ist immer schlimm! Und es ist mit das Abscheulichste, das Menschen begehen können! Gerade den „Unmündigen“, jubelt Jesus, hat der Vater die Unendlichkeit und Größe Gottes in die Herzen gelegt. Was da zerstört wird, wenn „der rote Faden reißt“, diese Gabe der erlebten Gegenwart Gottes im Herzen… Schwestern und Brüder, gleichgültig welcher Konfession: Lasst uns für diese Unmündigen und Kleinen in geschwisterlicher Mitsorge und Liebe beten – und wo möglich, für sie eintreten.