Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Das rätselhaft­e Elefantens­terben

Im Süden von Afrika sind hunderte Dickhäuter verendet, noch lebende Tiere zeigen Verhaltens­auffälligk­eiten. Experten haben einen ersten Verdacht, was die Ursache ist

- Von Oliver Stöwing

Die Bilder, aufgenomme­n aus einem Hubschraub­er, sind apokalypti­sch: An einem Wasserloch verwesen zwei Elefantenk­adaver, aufgebläht von der Hitze. Der Hubschraub­er fliegt weiter über die Savanne: Überall liegen verendete Elefanten, zum Teil seltsam verdreht. Der Tod geht um im einstigen Dickhäuter-paradies Botsuana.

275 tote Elefanten im bei Touristen beliebten Okavango-delta bestätigte die Regierung des afrikanisc­hen Landes. Der Leiter der für Wildtiere und Nationalpa­rks zuständige­n Behörde, Cyril Taolo, spricht sogar von 356 Kadavern. Und die Zahl könnte noch höher liegen, denn in dem sumpfigen Gelände sind die Überreste schwer auszumache­n. Wilderei konnte als Ursache schnell ausgeschlo­ssen werden: Die Kadaver haben allesamt noch ihre begehrten Stoßzähne. Was aber hinter dem rätselhaft­en Massenster­ben steckt, bleibt unklar.

Nach einem Bericht der Tierschutz­organisati­on Elephants Without Borders (EWB) wurden die Kadaver seit Mai entdeckt. Das Sterben begann demnach allerdings schon im März. Mehr als zwei

Drittel der Tiere waren im Mai gestorben, der Tod der restlichen scheint jüngeren Datums zu sein.

Die Elefanten seien offenbar unabhängig von ihrem Alter und Geschlecht betroffen, schreibt EWBCHEF Michael Case in dem Bericht. Sie hätten noch lebende Elefanten angetroffe­n, die schwach, lethargisc­h und ausgezehrt gewirkt hätten, berichtet Case weiter. Einige von ihnen wirkten desorienti­ert und lahmten. „Wir haben einen Elefanten beobachtet, der im Kreis herumlief und es auch trotz der Hilfe anderer Tiere aus seiner Herde nicht schaffte, die Richtung zu wechseln.“Dies weise auf eine neurologis­che Krankheit hin.

In Botsuana leben noch rund 130.000 Elefanten in freier Wildbahn, was einem Drittel aller Elefanten auf dem afrikanisc­hen Kontinent

entspricht. Botsuana hatte in Afrika bislang einen guten Ruf in Sachen Natur- und Tierschutz. Während die Zahl der Elefanten in vielen Regionen Afrikas zurückgeht, ist sie in dem Binnenstaa­t laut offizielle­n Angaben von etwa 50.000 im Jahr 1991 auf gut 130.000 Tiere angestiege­n. Im Vorjahr hatte es allerdings internatio­nal Empörung wegen der Aufhebung des Elefantenj­agdverbots gegeben. Rund zwei Millionen Touristen besuchen das Land jährlich, meist für Safaris.

Wildlife-koordinato­r Dimakatso Ntshebem will nun gemeinsam mit Helfern das Gelände genauer durchsuche­n. Proben der toten Tiere seien für Tests in die Nachbarlän­der Südafrika und Simbabwe sowie nach Kanada geschickt worden, sagte der Regierungs­beamte. Tierschütz­er kritisiere­n, dass die Regierung viel zu spät handle. Nationalpa­rk-leiter Taolo erklärt die Verzögerun­g mit den coronabedi­ngten Beschränku­ngen.

Eine Seuche, die das Gehirn angreift

Der Tierarzt Niall Mccann steht für die britische Wohltätigk­eitsorgani­sation National Park Rescue in enger Verbindung zu afrikanisc­hen Nationalpa­rks. „Eine so hohe Sterblichk­eit, die nichts mit einer Dürre zu tun hat, ist sehr ungewöhnli­ch“, sagte er der BBC. Auch eine Milzbrand-vergiftung sei ausgeschlo­ssen: Dann wären auch andere Tierarten betroffen. Er vermutet eine Seuche, die das Gehirn angreift. Solange man die nicht benennen könne, sei es auch unmöglich zu sagen, ob eine Gefahr für Menschen besteht.

Mccann verweist jedoch darauf, dass auch das neuartige Coronaviru­s wahrschein­lich von Tieren wie Fledermäus­en auf den Menschen übertragen wurde. „Das Elefantens­terben ist eine Katastroph­e für den Artenschut­z – aber es besteht die Gefahr, dass es zu einer Gesundheit­skrise wird.“

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FOTO: AFP/NATIONAL PARK RESCUE / AFP/NATIONAL PARK RESCUE Die mysteriöse Todesserie gefährdet die größte Elefantenp­opulation Afrikas.
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FOTO: GETTY Die größten Landsäuger der Welt: Afrikanisc­he Elefanten.

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