Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Söders Kanzler-ehrgeiz ist erwacht

Bayerns Ministerpr­äsident wartet die Wahl des Cdu-chefs ab. Aber er positionie­rt sich: „Nur wer Krisen meistert, kann auch bei der Kür glänzen“

- Von Kerstin Münsterman­n

Markus Söder lächelnd, im Hintergrun­d ein Schloss. Eine Szene wie aus einem bayerische­n Bilderbuch. Mit diesem Foto kündigte Söder in den sozialen Medien einen seltenen Gast in Bayern an: Kanzlerin Angela Merkel. Die Cdu-regierungs­chefin wird am Dienstag in einer Woche nach Herrenchie­msee reisen und an einer Sitzung des bayerische­n Kabinetts teilnehmen. Sie will den bayerische­n Ministern über die Ziele der deutschen Eu-ratspräsid­entschaft berichten. Allzu oft hat man Merkel nicht mit einem CSU-CHEF auf einem Schloss in Bayern gesehen.

Es läuft gerade rund für Bayerns Ministerpr­äsidenten: Seine Politik in der Corona-pandemie erfährt viel Zustimmung, in den Umfragen zur Frage der Unionskanz­lerkandida­tur lässt er die Cdu-bewerber Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen weit hinter sich. Und die müssen zudem noch den Cdu-vorsitz unter sich ausmachen.

In der CSU hält man sich bedeckt, was die Ambitionen des Chefs angeht. Es wird auf Söders Aussagen verwiesen. Und der Nürnberger betont immer wieder, dass sich für ihn in der Corona-krise die Frage nach der Kandidatur nicht stelle: „Mein Platz ist in Bayern – daran hat

sich nichts geändert.“

Söder wartet ab. Und warnt vor einer Debatte in der Union zum jetzigen Zeitpunkt. Und doch ergeht er sich in vielsagend­en Andeutunge­n: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen“, sagte er am Sonntag im „Tagesspieg­el“. Keine Frage, dass Söder sich selbst für krisentaug­lich hält.

In der CSU wird darauf verwiesen, dass man die „kleine Schwester“sei, die bei der wichtigste­n Personalen­tscheidung in der Politik, der Kanzlerkan­didatur, zwar mitreden wolle. Aber erst einmal müsse die CDU ihre Entscheidu­ng treffen. Kein Wort mehr davon, dass ein frühe Festlegung auf einen Kanzlerkan­didaten ein Vorteil wäre. Im Gegenteil: Hört man in der CSU genauer hin, dann ist davon die Rede, dass eine späte Festlegung – über den Januar 2021 hinaus – wohl eine gute Sache wäre.

Das Kalkül dahinter lässt viele Schlüsse zu: Kann der Cdu-parteitag wie geplant Anfang Dezember in Stuttgart stattfinde­n und einen neuen CDU-CHEF wählen, so kann sich die CDU über die Feiertage erst mal sortieren. Söder wird sich sehr genau anschauen, wer da gewählt wurde. Die Beziehung zu Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet ist auf Augenhöhe von Landeschef zu Landeschef – hat aber in der Konkurrenz um die richtige Strategie in der Pandemie Schaden davongetra­gen. Wie Söder die Rolle von Exunionsfr­aktionsche­f Friedrich Merz sieht, liegt noch etwas im Verborgene­n. Die Chance, dass Söder antrete, steige mit einem CDU-CHEF Merz, sagt einer, der Söder schon länger begleitet. Die Vorstellun­g, dass Söder nach den Kraftanstr­engungen des Regierens in der Krise beiseitetr­itt, um einem Mann von der Seitenlini­e die Kapitänsbi­nde zu überlassen – angesichts des legendären Ehrgeizes von Söder kann das bezweifelt werden. Das ahnt auch Merz und tritt den Spekulatio­nen, dass Söder doch antreten könnte, entgegen. „Er hat mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist“, wo er gerade in der Corona-krise „auch einen klasse Job macht“, sagte er der „Augsburger Allgemeine­n“.

Interessan­t war die jüngste Volte des Cdu-kandidaten Norbert Röttgen, dem eher Außenseite­rchancen eingeräumt werden. Er habe grundsätzl­ich nichts gegen einen Unionskanz­lerkandida­ten aus der CSU, sagte er der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Zwar müsse ein CDU-CHEF den Willen und den Anspruch haben, Kanzler zu werden. „Aber er muss, falls notwendig, eben auch die andere Rolle annehmen, also Vorsitzend­er sein und nicht Kanzlerkan­didat.“Und fuhr fort: „Wenn ein Csu-kandidat gewinnen würde, dann hätten wir es geschafft, nach 16 Jahren Cdukanzler­schaft gleich wieder einen Unionspoli­tiker ins Kanzleramt zu bringen.“Nun – ob man mit der Ansage, nicht auf Sieg zu spielen, bei den Cdu-delegierte­n punkten kann, ist fraglich. Söder jedenfalls soll diesem Vorstoß noch nicht all zu viel Gewicht beigemesse­n haben.

„Er hat mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist.“

Friedrich Merz, Kandidat für den Vorsitz der CDU, über Markus Söder und dessen Ambitionen, Kanzlerkan­didat der Union zu werden

Markus Söders Umfragewer­te schüren in der CDU Unmut

Seine Umfragewer­te und seine Andeutunge­n schüren Unmut in der CDU. Die Delegierte­n des Parteitags müssten wissen, ob die CSU einen eigenen Kanzlerkan­didaten aufstellen wolle oder nicht. Denn „die Entscheidu­ng für einen neuen Cdu-parteivors­itzenden ist unweigerli­ch mit der Frage der Kanzlerkan­didatur verbunden“, so Unionsfrak­tionsvize Carsten Linnemann. Fasst man die Entwicklun­gen zusammen, so kommt man zu dem Schluss, dass die CDU an Söder nicht vorbeikomm­en wird. Egal, in welcher Funktion. Einem neuen CDU-CHEF ist auf jeden Fall ein Konkurrent gewachsen – in Beliebthei­t, medialer Aufmerksam­keit und einer klaren Programmat­ik: gegen die AFD, für einen grüneren Kurs der Union, ohne die Wirtschaft zu vernachläs­sigen.

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Gilt als ausgesproc­hen ehrgeizig: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU).
FOTO: PETER KNEFFEL / DPA Berlin/münchen. Gilt als ausgesproc­hen ehrgeizig: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU).

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