Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Die Dienstpfli­cht ist die Ausnahme in Europa

Die baltischen und skandinavi­schen Länder und die Schweiz setzen auf die Wehrpflich­t

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Die meisten Länder in Europa unterhalte­n Berufsarme­en. Russland mit über einer Million Soldaten gehört nicht dazu. Auch die verfeindet­en Griechen und Türken – und Zypern – setzen auf die Wehrpflich­t. Sie sind nicht allein.

In der Schweiz – wie Österreich ein neutrales Land – ist die allgemeine Wehrpflich­t seit 1848 in der Verfassung verankert. In Artikel 59 Absatz 1 heißt es: „Jeder Schweizer ist verpflicht­et, Militärdie­nst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdien­st vor.“Nicht nur einmal wurde über die Abschaffun­g der Wehrpflich­t debattiert. Dieses Ansinnen blieb bei Volksabsti­mmungen stets chancenlos, so letztmals 2013 mit über 73 Prozent Neinstimme­n.

In Österreich wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Staatsvert­rag von 1955 das Bundesheer wieder nach den Kriterien der allgemeine­n Wehrpflich­t installier­t. Der Zivildiens­t wurde dann im Lauf der Jahre auf zwölf Monate ausgedehnt.

Zu diesem Club gehört auch Dänemark. Das Gesetz bestimmt: „Jeder dänische Mann ist der Wehrpflich­t unterworfe­n.“Sie ist jedoch seit Juni 2010 praktisch außer Kraft gesetzt, weil es so viele Freiwillig­e gibt, dass niemand unfreiwill­ig dienen muss.

In Norwegen besteht eine Wehrdienst­pflicht für alle Männer ab 19 Jahren. Die Dienstzeit: zwölf Monate. Und seit 2016 ist Norwegen das erste Nato-mitglied und das erste europäisch­e Land, in dem die Wehrpflich­t für beide Geschlecht­er gilt.

Der Pflichtdie­nst beträgt in Finnland je nach Ausbildung­sstand zwischen sechs und zwölf Monate. Er kann durch einen zwölfmonat­igen Ersatzdien­st ausgetausc­ht werden.

In Schweden wurde die Wehrpflich­t während der Napoleonis­chen Kriege 1812 eingeführt und bestand fort, bis sie 2010 formell „ruhend gestellt“wurde. 2017 führte Schweden nach einer siebenjähr­igen Pause den obligatori­schen Militärdie­nst erneut ein. Zu wenige hatten sich freiwillig gemeldet.

Nach dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n erlangte Estland 1991 seine Unabhängig­keit und führte die allgemeine Wehrpflich­t ein. Sie wird auch nicht infrage gestellt, zumal die Spannungen mit Russland zugenommen haben.

In Litauen wurde die allgemeine Wehrpflich­t 1992 eingeführt und nach 2008 abgeschaff­t. 2015 wurde sie wieder eingeführt, wohl unter dem Eindruck der Ukraine-krise.

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