Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Reus läuft bis Tokio weiter
Erfurter Sprinter beendet Saison schon nach den „Deutschen“. Ziel bleibt Olympia 2021
„Ja, ich mache weiter bis Tokio“, sagte Julian Reus nach seinem schnellen Saisonstart am vergangenen Freitag in Erfurt. Mit 10,20 über 100 Meter und 20,82 Sekunden über 200 m hatte der 32-jährige deutsche Serienmeister beim Einladungssportfest seines Vereins Erfurter LAC nationale Jahresbestmarken gesetzt. Über 100 m ist er damit sogar Nummer zwei in Europa.
Nach dem Ausbruch der Coronakrise im März und der folgenden Olympia-absage brauchte Reus Bedenkzeit, ob er sein Karriereende noch um ein Jahr verschieben wolle. Doch ohne richtiges Highlight wollte der schnellste Deutsche aller Zeiten (10,01 s) dann doch nicht abtreten. „Ich werde jetzt bis zu den ‘Deutschen’ im August laufen und danach einen langen Anlauf für die Olympia-qualifikation nehmen“, sagte Sportsoldat Reus, der inzwischen auch als Präsidiumsmitglied des Thüringer Leichtathletik-verbandes im Freistaat mithilft.
Dabei wird ihn auch sein langjähriger Trainer Gerhard Jäger unterstützen. „Bei mir ist im Oktober beruflich bei der Stadt Schluss. Doch ich werde meinen jungen Nachfolger Tobias Schneider noch als Honorartrainer des Verbandes ein bisschen begleiten. Ich werde mich quasi aus dem Trainerjob so langsam herausschleichen“, lachte Jäger. In Erfurt versuchen mit Reus, Julian Wagner und Luis Brandner gleich drei Sprinter sich für Tokio zu qualifizieren. Wagner war Zweiter bei der Hallen-dm im Februar, Brandner kehrte nach einem Jahr Verletzungspause mit soliden 10,48 s am Freitag auf die Laufbahn zurück.
Für Reus wäre es der neunte nationale Einzeltitel
In Braunschweig, wo am 8. und 9. August die Titelkämpfe ohne Zuschauer stattfinden werden, könnte Reus seinen neunten nationalen Einzeltitel holen. „Doch die Konkurrenz wird auf jeden Fall hart sein“, meinte der Oldie im deutschen Sprint-zirkus. Bereits bei den kommenden Meetings in Wetzlar und Regensburg, bei denen Reus antritt, wird größere Klarheit herrschen, wer dem Erfurter die Sprinttitel streitig machen kann.
Reus bedankte sich nochmals beim Land Thüringen dafür, dass die Spitzensportler auch in der Corona-krise ohne große Einschränkungen durchtrainieren konnten. „Für den jetzigen Zeitpunkt und die letzten Trainingswochen waren die Leistungen so schon ganz ordentlich. Wir sind aus einem intensiven Trainingsblock gekommen“, sagt Reus, der das prima „Geistermeeting“mitorganisierte hatte. „Es war wichtig, auch für den Nachwuchs wieder Wettkämpfe zu haben. Denn Rennen kann man im Training nicht imitieren“, sagte Reus.
Ganz verzichten auf die ersten Saisonauftritte der Leichtathleten wollte auch Tim Stegemann nicht. „Ich war leicht angeschlagen am Fuß und wollte aber vor allem meine Schicht bei der Polizei nicht kurzfristig tauschen“, sagte der 27 Jahre alte Landespolizist und 3000Meter-hindernisläufer vom ELAC. So fuhr Stegemann in der Abendbrotpause kurz ins Stadion, um seinen Vereinskollegen und Konkurrenten Martin Grau zu beobachten.
Grau zeigte sich in ordentlicher Verfassung und testete seine Spurtfähigkeiten über 1000 m, wo er Zweiter wurde. Es waren auch die ersten Mittelstreckenrennen in Deutschland. „Das sind wichtige Erfahrungen für die ‘Deutschen’ in Braunschweig, wo nun hoffentlich auch Rennen auf den längeren Distanzen mit kleineren Feldern ausgetragen werden können“, sagte Hindernis-bundestrainer Enrico Aßmus. Sein Schützling Grau freut sich über die Lockerungen. „Ich will in diesem Jahr noch zeigen, dass ich 2021 die Olympianorm angreifen kann“, so der 28 Jahre alte Grau, der nun auf das erste Rennen gegen Kollegen Stegemann wartet.
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