Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Darf man sich jetzt eigentlich küssen?
Nach den ersten Corona-lockerungen hat unsere Autorin es noch einmal mit „Tinder“versucht
Zwei Menschen sehen sich im Supermarkt, ihre Blicke treffen sich Sie lachen, kommen ins Gespräch und merken, dass sie füreinander bestimmt sind. Was für eine kitschige Vorstellung. Aber ich dachte mir: Einen Versuch ist es wert.
Ich lächle im Supermarkt einem süßen Typen zu – nur lächelt dieser nicht zurück, sondern schaut mich irritiert an. Da fällt es mir siedend heiß ein: Er konnte mich gar nicht lachen sehen, schließlich trage ich die obligatorische Maske. Danke, Corona. Mit anderen Worten: Er fragt sich sicher, wieso ich ihn anstarre wie eine Eule auf Beutejagd.
Na gut. Next. Seitdem die Lockerungen in Deutschland ins Rollen gekommen sind, bin auch ich wieder in die Großstadt zurückgekehrt. Enthusiastisch begebe ich mich ans Handy und reaktiviere meinen „Tinder“-account. Denn leider gestaltet sich das persönliche Kennenlernen momentan doch etwas schwierig. Sogleich spuckt die App die ersten Angebote aus: „Jetzt, wo Corona vorbei ist, können wir ja bei mir zusammen darauf anstoßen.“Oder: „Lass uns doch gemeinsam den Corona-stress ein wenig reduzieren, ich weiß auch schon, wie …“Nein, danke. Ich suche lieber ein wenig weiter. Sobald sich dann doch ein potenzieller Dating-partner gefunden hat, steigt die Vorfreude.
Der Haken daran: keiner warnt einen, wie so ein „romantisches“Date in der Realität abläuft …
So habe ich mir früher DAS perfekte Date vorgestellt: Man geht spazieren, picknickt an einem wunderschönen See und schleckt gemeinsam ein Eis. Am Abend werde ich nach Hause begleitet und es gibt natürlich zum Abschied einen Kuss. Was jedoch vor Corona noch nach dem perfekten Date klang, ist inzwischen zum einzig möglichen Date geworden. Und woran man früher keinen Gedanken verschwendet hat: In der freien Wildbahn gibt es keine Toiletten. Aus einem Traumdate wird ein Albtraum-date für meine Blase. Bei den Temperaturen im Frühsommer wurde aus einem romantischen Picknick auch noch ein zugiges Frösteln und aus dem gemeinsamen Eisschlecken in der Abendsonne ein Zittern bei 15 Grad. Und am Ende bleibt die wichtigste Frage offen: Darf man sich jetzt eigentlich küssen oder muss ich dabei einen Mund-nase-schutz tragen? Und so wird aus einem romantischen Abschiedskuss ein wahrer Eiertanz zwischen Umarmung, High five und französischen Küsschen.
Mein Fazit: Online-dating ist nicht mein Ding. Bleibt zu hoffen, dass wir die Pandemie bald überstanden haben und es wieder möglich sein wird, sich beim Einkaufen oder in einer Bar nach einem flüchtigen Lächeln kennenzulernen.
Neal Shusterman – „Kompass ohne Norden“Caden ist eigentlich ein ganz normaler Junge. Allerdings begibt sich sein Verstand oft auf Reisen. Denn in der Realität hält er schon einen Gartenschlauch für eine Gefahr und vermutet, dass ein Mitschüler ihn umbringen möchte. Als die Anzeichen für eine psychische Erkrankung sich häufen, wird Caden in eine Klinik gebracht. Diagnose: Schizophrenie.
Shusterman, dessen Sohn an Schizophrenie leidet, hat eigene Erfahrungen mit der Krankheit und beschreibt sie anschaulich. Marti Mlodzian, funky-jugendreporter
Unsere Meinung: Spannend und berührend.