Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Eu-kommission rügt deutsches Gesetz gegen Hass
Europas Justizminister beraten sich in der Krise. Lambrecht: „Demokratie gerade jetzt stärken“
Die Justizminister der 27 Eu-staaten haben angemahnt, dass auch in Krisenzeiten die demokratische Mitbestimmung nicht leiden dürfe. „Keine Freiheit darf nur einen Tag länger eingeschränkt bleiben als unbedingt nötig“, betonte die deutsche Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Montag nach einer informellen Videokonferenz mit ihren Amtskollegen.
Derzeit versuchten Populisten und Radikale, die Not der Menschen in der Corona-krise auszunutzen. Umso wichtiger seien parlamentarische Kontrolle, eine unabhängige Justiz und freie Medien. „Wir müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerade jetzt stärken“, forderte Lambrecht. Europa dürfe nicht hinnehmen, dass die öffentliche Debatte verdreht und vergiftet werde. „In der Pandemie sind Leben gefährdet, wenn blanker Unsinn über Impfstoffe verbreitet oder das Virus schlicht geleugnet wird“, sagte die Ministerin.
Soziale Netzwerke wie Youtube und Facebook stünden in der Verantwortung, sich nicht für Hass und Desinformation missbrauchen zu lassen. Hier müsse es weitere Schritte bis hin zu klaren Verpflichtungen für die Plattformen geben.
In Deutschland tritt bereits in Kürze ein neues Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet in Kraft. Für soziale Medien wie Facebook und Twitter gibt es dann weitreichende Pflichten. Sie müssen Posts mit Neonazi-propaganda,
Volksverhetzung oder Mord- und Vergewaltigungsdrohungen nicht mehr nur löschen, sondern sofort dem Bundeskriminalamt melden. Um die Täter schnell zu identifizieren, müssen sie auch Ip-adressen weitergeben.
Bei besonders schweren Straftaten wie Terrorismus und Tötungsdelikten sollen nach einem Richterbeschluss auch Passwörter verlangt werden dürfen. Das Gesetz ist eine Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (Netzdg), das bereits seit 2017 gilt.
Bei der Eu-kommission stößt dieser deutsche Alleingang im Kampf gegen Hass im Internet allerdings auf Vorbehalte. „Ich verberge nicht, dass wir für die Europäische Union eine paneuropäische Lösung möchten“, sagte Vizepräsidentin
Vera Jourova bei einer Videokonferenz der Eu-justizminister. Dies bedeute, dass die Eu-staaten nicht ihre jeweils spezifischen Gesetze haben sollten.
Zugleich stellte Jourova Eu-weit verpflichtende Vorgaben für Online-netzwerke in Aussicht. Es sei wichtig, von den deutschen Erfahrungen zu lernen.