Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Doppelt so schnell wie erlaubt Gerichtsbericht
40-jähriger Motorradfahrer übersieht Radfahrer – mit fatalen Folgen
Nach einem tödlichen Verkehrsunfall ist ein Motorradfahrer aus dem Eichsfeld zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht Heiligenstadt legte außerdem ein Fahrverbot von sechs Monaten fest. Der 40-Jährige muss 1500 Euro an den Weißen Ring zahlen und 150 Sozialstunden leisten.
Laut Urteil hat der Leinefelder im Dezember in der Berliner Straße in Leinefelde mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit ein Fahrzeug überholt und dabei einen Radfahrer übersehen, der die Straße überquerte. Der 79-Jährige Radfahrer starb Stunden später an seinen schweren Kopfverletzungen. Er hatte sich immer wieder umgeschaut, bevor er die Straße betrat. Gegen den Motorrad-raser hatte er keine Chance.
Seine Kinder und die Ehefrau waren im Prozess vor dem Amtsgericht Heiligenstadt als Nebenkläger dabei beziehungsweise vertreten. Eine der beiden Enkelinnen durfte auf einem der beiden verbliebenen Zuschauerstühle Platz nehmen; die andere Enkelin wartet draußen auf der Terrasse des Amtsgerichtes. Sie und der beste Freund des Opfer waren aus Platzgründen nur bei der Urteilsverkündung zugelassen.
Der Angeklagte war Anfang Dezember auf dem Weg zur Arbeit. Weil das Auto vor ihm zu langsam fuhr, scherte er aus und überholte diesen. Laut Gutachten hatte der 40-Jährige auf 100 Stundenkilometer beschleunigt; bei circa 66 Stundenkilometern wäre der Zusammenprall vermeidbar gewesen, so ein Gutachten. Erlaubt war Tempo 50. „Das Fahrverhalten wird anderen Verkehrsteilnehmern zum Verhängnis“, heißt es im Urteil. Der Angeklagte hätte beim Ausscheren den Fahrradfahrer aber sehen können. Warum er nicht reagierte, blieb im Prozess ungeklärt. Er selbst will ihn erst gesehen haben, als er fast am Unfallort war.
44 Meter vor dem Zusammenprall war der Radfahrer erkennbar, so der Gutachter. Weil er aber viel zu schnell war, hat er nicht mehr erfolgreich bremsen können. „Wilde Sau gespielt“nannte ein Nebenklägeranwalt das folgenschwere Verhalten. Geständnis, Reue und Entschuldigung bei den Hinterbliebenen sind zu Gunsten des vierfachen Vaters gewertet. Zwei Einträge im Verkehrsregister ließen erkennen, dass er gern schnell fährt, sagte die zuständige Strafrichterin. Sie machte auch klar, dass das Leid des Angeklagten nicht im Vordergrund stehe. Damit müsse sich der Angeklagte auseinandersetzen.