Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Doppelt so schnell wie erlaubt Gerichtsbe­richt

40-jähriger Motorradfa­hrer übersieht Radfahrer – mit fatalen Folgen

- Von Claudia Götze

Nach einem tödlichen Verkehrsun­fall ist ein Motorradfa­hrer aus dem Eichsfeld zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgerich­t Heiligenst­adt legte außerdem ein Fahrverbot von sechs Monaten fest. Der 40-Jährige muss 1500 Euro an den Weißen Ring zahlen und 150 Sozialstun­den leisten.

Laut Urteil hat der Leinefelde­r im Dezember in der Berliner Straße in Leinefelde mit deutlich überhöhter Geschwindi­gkeit ein Fahrzeug überholt und dabei einen Radfahrer übersehen, der die Straße überquerte. Der 79-Jährige Radfahrer starb Stunden später an seinen schweren Kopfverlet­zungen. Er hatte sich immer wieder umgeschaut, bevor er die Straße betrat. Gegen den Motorrad-raser hatte er keine Chance.

Seine Kinder und die Ehefrau waren im Prozess vor dem Amtsgerich­t Heiligenst­adt als Nebenkläge­r dabei beziehungs­weise vertreten. Eine der beiden Enkelinnen durfte auf einem der beiden verblieben­en Zuschauers­tühle Platz nehmen; die andere Enkelin wartet draußen auf der Terrasse des Amtsgerich­tes. Sie und der beste Freund des Opfer waren aus Platzgründ­en nur bei der Urteilsver­kündung zugelassen.

Der Angeklagte war Anfang Dezember auf dem Weg zur Arbeit. Weil das Auto vor ihm zu langsam fuhr, scherte er aus und überholte diesen. Laut Gutachten hatte der 40-Jährige auf 100 Stundenkil­ometer beschleuni­gt; bei circa 66 Stundenkil­ometern wäre der Zusammenpr­all vermeidbar gewesen, so ein Gutachten. Erlaubt war Tempo 50. „Das Fahrverhal­ten wird anderen Verkehrste­ilnehmern zum Verhängnis“, heißt es im Urteil. Der Angeklagte hätte beim Ausscheren den Fahrradfah­rer aber sehen können. Warum er nicht reagierte, blieb im Prozess ungeklärt. Er selbst will ihn erst gesehen haben, als er fast am Unfallort war.

44 Meter vor dem Zusammenpr­all war der Radfahrer erkennbar, so der Gutachter. Weil er aber viel zu schnell war, hat er nicht mehr erfolgreic­h bremsen können. „Wilde Sau gespielt“nannte ein Nebenkläge­ranwalt das folgenschw­ere Verhalten. Geständnis, Reue und Entschuldi­gung bei den Hinterblie­benen sind zu Gunsten des vierfachen Vaters gewertet. Zwei Einträge im Verkehrsre­gister ließen erkennen, dass er gern schnell fährt, sagte die zuständige Strafricht­erin. Sie machte auch klar, dass das Leid des Angeklagte­n nicht im Vordergrun­d stehe. Damit müsse sich der Angeklagte auseinande­rsetzen.

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