Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Noch mit über 50 in Aktien investiere­n?

Die Lösung heißt Auszahlpla­n – wie die ältere Generation mit Indexfonds sparen kann

- Von Sara Zinnecker

Als einen Baustein zur Altersvors­orge empfiehlt der Verbrauche­rratgeber Finanztip, Geld weltweit in Aktien anzulegen und mindestens 15 Jahre dabeizuble­iben. Warum so lange? Nur so gleicht sich das Auf und Ab an der Börse – etwa jetzt in Folge der Coronakris­e – langfristi­g aus, und es gibt eine gute Chance auf Rendite. Über einen beliebig gewählten 15-Jahres-zeitraum haben Anleger seit 1975 keinen Verlust mit einem Fonds gemacht, der den Weltaktien­index MSCI World mit seinen rund 1600 Unternehme­n abbildet.

Doch was tun Menschen, die diese 15 oder mehr Jahre bis zur Rente nicht mehr haben? Die gute Nachricht: Sie können trotzdem noch mit Aktien-indexfonds, sogenannte­n ETFS, sparen – wenn sie ein paar Dinge beachten.

Faustregel für Auszahlpla­n

Nehmen wir an, jemand kauft sich mit 57 ganz normal einen solchen weltweiten Aktien-indexfonds. Der Trick ist nun, das Ersparte nicht irgendwann, etwa mit 67, auf einmal abzurufen. Denn wenn der Aktienmark­t kurz vorher einbricht, ist der Ärger groß. Besser ist es daher, der Sparer zahlt sich im Ruhestand monatlich eine kleine Rente aus seinem Etf-guthaben aus. Diese Lösung nennt sich Auszahlpla­n.

Die gängige Faustregel lautet, dass man jährlich vier Prozent des Startkapit­als über 30 Jahre entnehmen kann. Bei einem Startkapit­al von 20.000 Euro wären das 800 Euro im Jahr. Finanztip-berechnung­en mit historisch­en Daten mit Anlagestar­t von 1970 bis 1990 haben gezeigt: Das ging jeweils für die 30 Jahre auf. Allerdings: Wenn man erst kurz vor dem schlimmste­n Einbruch in diesem Zeitraum – dem Platzen der Dotcom-blase im Jahr 2000 – angefangen hätte, dann wäre das Geld nächstes Jahr aufgebrauc­ht. Also nach 21 Jahren.

Deshalb ist es wichtig, in schlechten Jahren nicht zu viel Geld zu entnehmen, damit das verbleiben­de Guthaben die Wertsteige­rungen noch mitnehmen kann. Das kann die Entnahmen ausgleiche­n – im besten Fall sogar mehr als ausgleiche­n. Sinkt der Wert der Fonds zwischenze­itlich einmal deutlich, weil der Aktienmark­t wie zum Beispiel jetzt in der Coronakris­e nachgibt, sollte man die Entnahmen für einige Zeit aussetzen oder zumindest reduzieren. Denn: Je mehr Kapital den späteren Aufschwung mitmachen kann, desto besser. Dafür kann man nach längeren guten Phasen auch durchaus mehr als 4 Prozent entnehmen.

Automat oder Eigenbau

Wenn man sich für den Auszahlpla­n entscheide­t, geht es anschließe­nd um die praktische Umsetzung. Manche Depotanbie­ter, etwa die Targobank oder auch digitale Anlagehelf­er (wie Growney), ermögliche­n automatisi­erte Auszahlplä­ne für ETFS: Der Kunde gibt einmal an, wie viel Geld er monatlich aufs Girokonto überwiesen bekommen möchte, und der Anbieter verkauft entspreche­nd Etf-anteile.

Ein Auszahlpla­n geht aber im Eigenbau: Man verkauft monatlich, einmal im Quartal oder jährlich Etf-anteile für seinen Rentenzusc­huss. Dazu sollten sich Rentner einen regelmäßig­en Termin setzen und sich nicht von kleinen Kursschwan­kungen beeinfluss­en lassen.

Das richtige Wertpapier­depot

Der Verkauf von Etf-anteilen ist in der Regel nicht kostenlos. Empfehlens­wert

ist daher ein Wertpapier­depot, bei dem die Verkaufsge­bühren zumindest möglichst gering ausfallen. Günstige Kauf- und Verkaufspr­eise bieten Online-broker wie Smartbroke­r, Onvista Bank oder Trade Republic.

Wer Girokonto, Kreditkart­e und Depot unter einem Dach haben will, kann ein Depot bei einer Direktbank eröffnen. Depots bei Direktbank­en kosten insgesamt etwas mehr als die Speziallös­ungen der Online-broker. Bei der DKB, Comdirect oder Consorsban­k ist die Depotführu­ng kostenlos, und die Ordergebüh­ren sind in Ordnung.

Am teuersten sind meist die Wertpapier­depots bei klassische­n Filialbank­en. Häufig berechnen diese laufende Verwahrkos­ten. Wer trotzdem bei seiner Filialbank bleiben will, sollte nach einem Online-depot fragen. Das spart Gebühren.

Alles abrufen

Wer wirklich nur zehn Jahre sparen und dann alles auf einmal abrufen will, verzichtet besser auf Aktien und nimmt Festgeld – auch wenn das nur wenig Rendite abwirft.

Aktuell lässt sich Festgeld für ein Jahr zu 0,81 Prozent anlegen, und zwar beim schwedisch­en Anbieter Klarna. Wer bereit ist, sich drei Jahre zu binden, bekommt 1,12 Prozent im Jahr. Man sollte nach einigen Jahren wieder schauen, wo es dann vielleicht bessere Zinsen gibt. Etf-sparen und Festgeld lässt sich auch gut kombiniere­n.

Weltweit das Risiko verteilen

Einzelne Aktien zur Altersvors­orge zu kaufen, davon rät Finanztip ab. Besser geeignet seien breit aufgestell­te, günstige Fonds. Damit sind Sparer zu geringen laufenden Kosten an einem Großteil der Weltwirtsc­haft beteiligt und können einzelne Kursverlus­te wie derzeit vom Finanzdien­stleister Wirecard verkraften. Auch der deutsche Leitindex Dax bildet nur 30 Aktien ab, allesamt aus Deutschlan­d. Im MSCI World dagegen sind circa 1600 Aktien aus 23 Ländern vertreten.

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FOTO: ISTOCK/SZEPY Auch mit über 50 kann es sich noch lohnen, Geld in Aktien anzulegen, erklärt der Verbrauche­rratgeber Finanztip.

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