Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
„Mein drittes Triple ist möglich“
Fußballerin Anna Blässe über 13 Wolfsburger Jahre, Ehefrau Lara und Weimarer Wurstpakete
Anna Blässe ist unumstritten Thüringens beste Fußballerin aller Zeiten. Mit dem VFL Wolfsburg gewann die gebürtige Weimarerin gegen Essen per Elfmeterschießen zum sechsten Mal den Dfb-pokal. Zuvor hatte die 32-Jährige, die seit 2007 für die Wölfinnen kickt, ihren sechsten deutschen Meistertitel geholt. Nun wartet noch die Entscheidung in der Champions League auf die einstige Junioren-weltmeisterin.
Konnten Sie trotz Corona-regeln wenigstens ein bisschen feiern?
Leider nicht so richtig. Im Hotel in Köln gab es eine kleine Party mit DJ und ein paar aufheiternden Getränken. Aber die Musik durften wir wegen der anderen Gäste nicht laut aufdrehen. Am Sonntag hatten wir dann noch den Empfang beim Wolfsburger Bürgermeister.
Warum war das Finale gegen Essen so ein knappes Ding, schließlich beherrscht der VFL die Liga?
Frühes Gegentor. Essen spielte sehr diszipliniert und hatte an diesem Tag mehr Willen als wir.
Doch Sie retteten ihren Klub mit dem 2:2 in die Verlängerung!
Und ich hätte in der letzten Sekunde fast noch zum 3:2 getroffen. Mit mir persönlich war ich ganz zufrieden. Ich bin körperlich trotz meines Alters noch gut dabei. Ich muss die richtigen Gene haben.
Als Alex Popp ihren Elfmeter verschoss, dachten Sie da, das war’s?
Nein, ich wollte erst abwarten, was unsere Torfrau macht. Und Friederike Abt hat ja dann noch zwei super gehalten.
Wie sind Sie mit jugendlichen 20 Jahren in Wolfsburg gelandet?
Ich war damals die erste Spielerin, die mit einer Ablösesumme (20.000 Euro vom HSV/D. A.) im deutschen Frauenfußball gewechselt ist. Ich war ehrlich froh, als der ganze Zirkus vorbei war. Aber mit Wolfsburg habe ich die richtige Wahl getroffen.
Ihre Karriere scheint gar nicht enden zu wollen?
Die Jüngeren machen schon Druck. Ich habe noch ein Jahr Vertrag beim VFL. In Wolfsburg bin ich seit 2013 Profi. Zuvor hatte ich bei VW meine Ausbildung gemacht. Dort kann man sich für acht Jahre ohne Gehalt freistellen lassen. Das würde mit der Rückkehr im nächsten Jahr an den Schreibtisch ja passen.
Gibt es noch die berühmten Wurstpakete aus der Fleischerei ihrer Eltern?
Aber klar. Zuletzt zum Geburtstag im Februar. Die Thüringer Wurst ist für mich Heimat. Leider war ich ein halbes Jahr nicht mehr zu Hause.
Jetzt haben Sie ein paar Tage frei zur Erholung. Wohin geht es?
Erst zu den Schwiegereltern in die Schweiz und dann nach Weimar.
Sie sind verheiratet?
Ja, sehr glücklich mit Lara Dickenmann, einer früheren Schweizer Nationalspielerin, die seit fünf Jahren auch beim VFL spielt.
Wie sehen Sie den Abstieg des USV Jena, wo ihre Karriere begann?
Sie hatten es nicht einfach in Jena in der Corona-zeit ohne Sportplatz. Ich denke, der Wechsel zum FC Carl Zeiss ist gut. Aber nur, wenn der Verein seine Frauen ernsthaft unterstützt und darin nicht nur ein Feigenblatt sieht.
Hat der deutsche Frauenfußball derzeit etwas an Tempo verloren?
Wir stagnieren. Bei der WM unter den Erwartungen, Olympia verpasst. In der Liga stehen die meisten Teams hinten drin. Nur wir und die Bayern halten international mit.
Kann es in der Champions League dennoch mit dem nächsten Triple nach 2013 und 2014 klappen?
Mein drittes Triple ist möglich. Wir haben einen machbaren Weg ins Finale. Dort müssen wir aber wohl endlich Lyon schlagen.