Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Krönung am Holmenkoll­en Dieter Neuendorf, der Vorzeige-skispringe­r der 1960er-jahre, wird 80. Der Sport in Ruhla und Brotterode liegt ihm noch immer am Herzen

- Von Uwe Jentzsch

Eine große Feier wird es in Brotterode heute nicht geben. Gesundheit­lich geht es dem Mann, der nicht nur wegen des Holmenkoll­ensieges deutsche Skisprungg­eschichte geschriebe­n hat, nicht gut. „Ausgeschlo­ssen ist es aber nicht, dass etwa Jochen Danneberg oder Dietmar Aschenbach als Gratulante­n vorbeikomm­en“, sagt Dieter Neuendorf. Das Brotteröde­r Springer-duo gehörte einst zu seinen Schützling­en.

Neuendorf, in Springerkr­eisen auch als der „Höfer“bekannt, lag seit April zuerst im Krankenhau­s in Bad Salzungen, danach folgte bis Anfang der vergangene­n Woche eine Reha in Bad Liebenstei­n. „Bei mir wurde Herz- und Nieren-insuffizie­nz festgestel­lt“, ließ der gebürtige Ruhlaer keine Zweifel an seinem Gesundheit­szustand aufkommen.

Dieter Neuendorf war es, der 1966 am Holmenkoll­en mit Wmsilber die seit 1962 nach Helmut Recknagels Titelgewin­n anhaltende WM- und Olympia-medaillenf­laute der Ddr-skispringe­r beendete. In den 1960er-jahren feierte er weitere große Erfolge. Dazu gehörte 1965 der Holmenkoll­en-sieg, „der nicht nur wegen der Siegerehru­ng durch den norwegisch­en König oder – wie bei mir – den Thronfolge­r immer etwas ganz Besonderes ist“, meint Neuendorf. Dazu trägt auch der Ort der Siegerehru­ng im Osloer Rathaussaa­l bei, wo alljährlic­h im Dezember die Friedensno­belpreise verliehen werden.

Nach Platz fünf auf der Normalscha­nze bei den Olympische­n Spielen 1964 stellte er gemeinsam mit Trainer Werner Lesser seinen Sprungstil um. Arme nach hinten, statt wie bis dahin nach vorn – so flog er seitdem über die Schanzen. Das brachte Erfolg. In der Saison 1965/66 wurde er Zweiter der Vierschanz­entournee, nur um wenige Pünktchen bezwungen vom Norweger Björn Wirkola. Die folgenden Tourneen beendete er 1967 und 1968 jeweils als Gesamt-dritter.

„1966 habe ich mich selbst um den Sieg gebracht. Wegen des damals noch sehr komplizier­ten Anlaufs

der Naturschan­ze in Bischofsho­fen zum Tournee-abschluss bin ich aus Sicherheit­sgründen ein paar Schritte tiefer angefahren. Das kostete den Sieg. Pech gehabt“, bewertet er das heute. 1966 wurde er auch Dritter der Skiflugwoc­he in Planica.

Nach dem Ende seiner Laufbahn arbeitete Neuendorf als Nachwuchst­rainer beim ASK Oberhof, ehe er von 1972 bis 1977 als Verbandstr­ainer für die Ddr-nationalma­nnschaft verantwort­lich zeichnete. In diese Zeit fallen Olympiabro­nze durch Rainer Schmidt 1972 in Sapporo, Wm-doppelgold durch Hans-georg Aschenbach 1974 und Aschenbach­s Olympiasie­g 1976 vor seinem Oberhofer Vereinskol­legen Jochen Danneberg.

Zum nordischen Skisport gefunden hatte Dieter Neuendorf durch seine Eltern, die begeistert­e Skisportle­r waren. Er begann als Langläufer in Ruhla, wurde 1957 Dritter der Ddr-juniorenme­isterschaf­ten in der Nordischen Kombinatio­n, ehe er nach dem Abitur zu den Skispringe­rn des ASK wechselte, die in Brotterode heimisch waren.

Seitdem verfolgt Dieter Neuendorf die Entwicklun­g des Brotteröde­r Skispringe­ns, aber auch den Skisport in Ruhla. Für den heutigen WSC 07 Ruhla war er der erste Wmmedaille­ngewinner. Ihm folgten 2001 Marko Baacke als Kombiniere­r-weltmeiste­r und im Vorjahr Skispringe­rin Juliane Seyfarth als zweimalige Weltmeiste­rin.

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FOTO: IMAGO Dieter Neuendorf beim Neujahrssp­ringen der Tournee 1972 in Garmisch-partenkirc­hen.

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