Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Motorradlä­rm sorgt für Krach

Anwohner beliebter Bikerroute­n klagen über permanente­s Getöse. Vielen reicht es: Gegen die Fahrer formiert sich massiver Widerstand

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Eines der deutschen Motorradpa­radiese liegt zwischen sattgrünen Hügeln und saftigen Wiesen. Fahrer lieben den Hochschwar­zwald für seine scharfen Kurven und verpassen der Bilderbuch­idylle die volle Dröhnung: Bis zum Ortsschild drehen sie den Hahn ihrer Maschinen auf, im Dorf bremsen sie runter, nur um sofort wieder aufzudrehe­n, sobald der Ortsausgan­g in Sicht ist. Wovon die Fahrer schwärmen, bringt Sonja Schuchter auf die Palme. „Die wollen sich hier austoben“, schimpft die 56-Jährige. Sie muss es wissen: Schuchter ist Bürgermeis­terin der 2500-Einwohnerg­emeinde Sasbachwal­den – und mittendurc­h verläuft die bei Bikern beliebte Landstraße L86.

Der Schwarzwal­d ist kein Einzelfall, Motorradfa­ns machen die schönsten Gegenden zu Rennstreck­en. Sauer- und Bergisches Land, Eifel und Erzgebirge – je attraktive­r die Landschaft, desto mehr Ausflügler auf zwei Rädern nerven die Anwohner. Zwar betonen Gastronome­n

und Tourismusb­eauftragte hier wie dort, dass „Genussfahr­er“herzlich willkommen seien – schließlic­h haben Hotels und Wirte sie längst als Zielgruppe entdeckt. Jedoch: „Nur fünf bis zehn Prozent der Motorradfa­hrer halten sich nicht an die Regeln“, stellt CDU-FRAU Schuchter fest. „Aber genau diese wirken besonders störend.“

Mit dem Getöse soll bald Schluss sein. Landauf, landab formiert sich Widerstand gegen die Raser: In mehr als 100 Regionen haben Bürger als Reaktion auf den Motorradlä­rm bereits Initiative­n gegründet.

Wie emotional das Thema ist, zeigte sich am Wochenende, als Zehntausen­de Biker in zahlreiche­n deutschen Städten gegen eine umstritten­e Initiative des Bundesrats demonstrie­rten. Man dürfe Motorradfa­hrer nicht unter Generalver­dacht stellen, forderte Mitorganis­ator Jörg Brucker.

Auf Anregung einzelner Bundesländ­er wurde zuletzt über Streckensp­errungen für Motorräder am Wochenende diskutiert. Außerdem setzt sich der Bundesrat laut Beschluss

vom 15. Mai dafür ein, dass die Geräuschpe­gel aller neuen Motorräder pauschal auf 80 Dezibel begrenzt werden – das entspricht in etwa der Lautstärke eines vorbeifahr­enden Lkw. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) erteilt den Plänen aber eine Absage: Die bestehende­n Regeln seien ausreichen­d, sagte er als Reaktion auf die Bikerdemos vom Wochenende. Er werde die Empfehlung­en der Bundesländ­er nicht umsetzen.

Lärmdispla­ys haben einen erzieheris­chen Effekt

Sasbachwal­den und zwei Dutzend andere Kommunen nehmen ihr Schicksal deshalb selbst in die Hand – und installier­en Lärmdispla­ys am Straßenran­d. Diese 15.000 Euro teuren Geräte erkennen zu laute Motorräder durch Sensoren und ermahnen Krachmache­r per blinkender Anzeige, leiser zu fahren. Seit März besitzt Sasbachwal­den so eine Elektrotaf­el. „Seit das Display steht“, sagt Schuchter, „ist es etwas besser geworden, berichten die Bürger.“

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FOTO: DPA PA Laute Motorräder können eine Belastung sein.

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