Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Regelbetri­eb für alle Kinder ab September

Wie sich Kultusmini­sterium und Lehrergewe­rkschaft Kindergart­enbetreuun­g und Schule nach Corona vorstellen

- Von Elena Rauch und Hanno Müller

Der eingeschrä­nkte Regelbetri­eb in Kindertage­sstätten und Schulen gilt vorerst weiter bis Ende August. Kabinett und Kultusmini­sterium beschlosse­n dazu gestern die Verlängeru­ng der geltenden Verordnung­en. Über Einzelheit­en informiert­e Kultusmini­ster Helmut Holter in einer Regierungs­pressekonf­erenz. Zuvor hatte die Lehrergewe­rkschaft Empfehlung­en für die organisato­rische und pädagogisc­he Arbeit der Thüringer Schulen nach Corona vorgestell­t. Darum geht es:

Wie läuft die Betreuung ab 15. Juli in Kindergärt­en und Schulen?

Kindergärt­en sollen im eingeschrä­nkten Regelbetri­eb weiter ein tägliches verlässlic­hes Betreuungs­angebot anbieten. Derzeit werden 47 Prozent der Kinder mehr als acht Stunden lang und 39 Prozent der Kinder acht Stunden lang betreut. Auch Grundschul­en laufen weiter im eingeschrä­nkten Regelbetri­eb mit einem täglichen Betreuungs­angebot. In weiterführ­enden Schulen bleibt es bis Schuljahre­sende beim Mix aus Präsenz und Distanzunt­erricht.

Wie bewerten Schüler und Eltern den Unterricht in der Corona-zeit?

Laut einer Umfrage des Kultusmini­steriums, an der sich 5700 Eltern und 13.000 Schüler beteiligte­n, bezeichnet­en 40 Prozent der Befragten den Distanzunt­erricht als gut, 20 Prozent hielten ihn für schlecht. Zwei Drittel der Schüler gaben an, zu Hause weniger zu lernen als in der Schule. Die Belastung für Eltern sei immer noch hoch. Kultusmini­ster Helmut Holter forderte eine schnelle Umsetzung des Digitalpak­tes, um bis September mehr digitale Endgeräte für Schüler zur Verfügung stellen zu können.

Welche Ferienange­bote gibt es in Kindergärt­en und Schulen?

In Grundschul­en wird es ab 20. Juli die übliche Hortbetreu­ung geben. Teilnehmen können nur Schüler mit Hortvertra­g. Angestrebt werden sechs bis acht Stunden Betreuungs­zeit, geplante Schließzei­ten werden beibehalte­n. Für Schüler ohne Hortvertra­g gilt das Angebot nicht, sie könnten aber vom Land unterstütz­te Ferienfrei­zeiten nutzen. Insgesamt stünden 133 Angebote für 3000 Schüler aus ganz Thüringen zur Verfügung. In weiterführ­enden Schulen setzt das Kultusmini­sterium auf freiwillig­e Betreuung in den Klassenstu­fen 5 bis 8. Man erhoffe sich mehrstündi­ge Ferienange­bote für ein bis zwei Wochen, die durch Lehrer, Lehramtsst­udierende, Schulsozia­larbeiter sowie ältere Schüler abgesicher­t werden könnten. Verpflicht­en könne man die Schulen dazu aber nicht.

Was sagen Eltern zu den Ferienange­boten?

Natürlich sei man erleichter­t, so Landeselte­rnsprecher Roul Rommeiß, gleichzeit­ig sei klar, dass die vorgehalte­nen Zeiten von sechs bis acht Stunden nicht in jedem Fall die Arbeitszei­ten der Eltern abdecken. Das gelte vor allem für viele Berufe im medizinisc­hen Bereich und in der Pflege mit Schichtbet­rieb, was nach wie vor als problemati­sch eingeschät­zt wird. Bedauert wird das Fehlen flächendec­kender und systematis­cher Angebote, um entstanden­e Lücken im Schulstoff aufzuholen. Die Landeselte­rnsprecher hatten das angemahnt, um Schülern die Chance zu geben, die Sommerferi­en dafür zu nutzen.

Was erwartet die Elternscha­ft zum Start des neuen Schuljahre­s?

Für den Fall neuer Schulschli­eßungen muss jede Schule ein fertiges Konzept in der Schublade haben, um ohne Zeit- und Reibungsve­rluste zum Distanzunt­erricht übergehen zu können. Die größte Sorge der Eltern gilt dem Aufholen von versäumtem Schulstoff und der Frage, wie gewachsene Leistungsd­ifferenzen ausgeglich­en werden müssen. Man erwarte von Schulen dazu strukturel­le Konzepte.

Wie beurteilen Lehrervert­reter die Personalla­ge für die Ferien?

Bereits jetzt seien vor allem viele Grundschul­en personell am Limit, um den eingeschrä­nkten Regelbetri­eb zu stemmen, so die Bildungsge­werkschaft GEW. Die festen Gruppen mit festen Betreuern würden mehr Personal benötigen, das man nicht hat. Ein gewichtige­r Grund seien die Arbeitsver­träge der Horterzieh­er, die auf Teilzeit beschränkt sind. Die Gewerkscha­ft fordert die Chance auf Vollzeit für alle, die sie wünschen.

Wie werden die Betreuungs­zeiten eingeschät­zt?

Sie könnten in der Fläche vorgehalte­n werden, wenn sich Schulen strikt an die Zeitfenste­r von sechs bis acht Stunden halten. Allerdings verweist die GEW darauf, dass die Zeiten schon jetzt an vielen Schulen erweitert werden, weil sie unmittelba­r mit den Betreuungs­problemen der Eltern konfrontie­rt werden. Das führe zu Mehrarbeit von Lehrern und Erziehern.

Was erwartet die Gewerkscha­ft für das neue Schuljahr?

Die GEW hat am Dienstag einen Zehnt-punkte-katalog mit dringenden Maßnahmen vorgestell­t, mit dem Ziel, die Schulen krisenfest­er und zukunftssi­cher aufstellen.

Was sind die wichtigste­n Punkte?

Klare Konzepte und die nötigen Bedingunge­n für digitale Bildung. Dazu gehört auch die Sicherung nötiger Datenvolum­ina. Fachleute aus dem It-bereich und der Verwaltung müssen Lehrern Zeit für ihre pädagogisc­hen Kernaufgab­en frei machen. Außerdem muss für jede Schule mindestens ein Schulsozia­larbeiter zur Verfügung stehen.

Wie geht es laut Kultusmini­sterium ab September weiter?

Ab September soll, sofern es das Infektions­geschehen zulässt, zum Normalbetr­ieb in allen Kindertage­sstätten und allen Schulen zurückgeke­hrt werden. Noch diskutiert werde im Kabinett darüber , ob und wie viele Zuschauer es dann bei Sportveran­staltungen im Freien geben wird. Auch konkrete Zuschauerz­ahlen stehen noch nicht fest.

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FOTO: UWE ANSPACH / DPA In Grundschul­en wird es ab 20. Juli die übliche Hortbetreu­ung geben. Teilnehmen können nur Schüler mit Hortvertra­g.

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