Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Die neuen Hotspots der Pandemie
Serbien, Südafrika, Israel oder Peru verzeichnen eine hohe Zahl von Neuinfektionen. Lockdown in Australien
Seit rund einem halben Jahr hält das Coronavirus die Welt in Atem. Knapp zwölf Millionen Menschen haben sich bis Dienstag angesteckt, rund 540.000 sind gestorben. Die USA, Brasilien, Indien und Russland führen die Liste an. Doch die Weltgesundheitsorganisation warnt: Am Wochenende seien 212.326 neue Infektionen an einem Tag registriert worden – auch in Ländern, die bisher wenig beachtet wurden. Was sind die neuen Hotspots der Seuche?
Serbien:der Balkan war bisher nicht auf dem Radarschirm der Coronaregionen. Doch in Ländern wie Serbien spitzt sich die Lage zu. Zuletzt wurden mehr als 300 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Insgesamt hatten sich bis Dienstag laut Zählung der Johns-hopkins-universität 16.420 Menschen angesteckt, 330 verstarben. Zu dem rasanten Anstieg hat auch die Politik beigetragen, die Massenveranstaltungen wie Fußballspiele mit 15.000 Zuschauern in Belgrad erlaubte. Mittlerweile verweigert Griechenland die Einreise von serbischen Staatsbürgern. Vor einigen Tagen waren in Griechenland 20 Urlauber aus Serbien positiv auf das
Coronavirus getestet worden. In Nordmazedonien ist die Lage bereits seit Juni schlecht. In dem kleinen Land mit nur zwei Millionen Einwohnern wurden zwischen 80 und 170 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Trotzdem werden am 15. Juli Parlamentswahlen abgehalten. Bis Dienstag wurden in Nordmazedonien 7124 Neuinfektionen und 346 Todesfälle verzeichnet. Ähnlich verläuft die Entwicklung in Bosnien-herzegowina, im Kosovo und in Albanien.
In Kroatien steigen die täglichen Infektionszahlen seit dem 25. Juni rasant an. Zuvor galt die Pandemie bereits als eingedämmt. Doch dann gab es allein in einem Kloster in Đakovo an einem Tag 36 neue Corona-fälle. Allerdings sind die Urlaubsregionen Istrien und die dalmatinische Küste weit weniger betroffen. In der vergangenen Woche lag die Zahl der täglichen Neuansteckungen zwischen 50 und 100. Bis Dienstag wurden 3272 Neuinfektionen und 113 Todesfälle gemeldet.
Südafrika: Die Südspitze von Europas Nachbarkontinent ist am stärksten von der Corona-pandemie gebeutelt. Das liegt zum Teil daran, dass das Land mit rund 56 Millionen Einwohnern von allen afrikanischen Staaten am meisten testet. Bis Dienstag wurden 205.721 Corona-infektionen und 3310 Todesfälle registriert. Nun meldete das Land erstmals mehr als 10.000 bestätigte Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden.
Am heftigsten hat es die bei Touristen beliebte Region Westkap mit der Provinzhauptstadt Kapstadt erwischt. Mit einem der weltweit strengsten Lockdowns versuchte Südafrika seit Ende März, die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen. Aber auf Druck der Wirtschaft wurden die Ausgangssperren Anfang Juni trotz der steigenden Zahl an Corona-infektionen teilweise gelockert.
Israel: Der vergangene Montag war für Israel der Tag des Weckrufs. 1057 Neuinfektionen erschütterten das Land mit rund neun Millionen Einwohnern. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zog die Reißleine. Sein Kabinett entschied, dass Festhallen, Bars, Nachtclubs, öffentliche Schwimmbäder und Fitnessstudios bis auf Weiteres schließen müssen. Der Strand, Religionsschulen und Restaurants sollten dagegen geöffnet bleiben.
„Die Pandemie breitet sich aus, das ist sonnenklar“, erklärte Netanjahu. „Deswegen müssen wir sofortige Schritte unternehmen, um zu verhindern, dass wir in Zukunft viel radikalere Maßnahmen ergreifen müssen.“Bis Dienstag waren im Land 31.271 Corona-infektionen und 338 Todesfälle registriert.
Israel hatte zu Beginn der Pandemie rasch reagiert, und der Verlauf war zunächst glimpflich. Nach Lockerungen im Mai kam es jedoch zu einem starken Ausbruch von Infektionen. Die Regierung wird inzwischen scharf für ihr laxes Vorgehen kritisiert. Siegal Sadetzki, Direktorin für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, trat aus Protest gegen den Kurs Netanjahus zurück.
Australien: Nach der Lockerung kommt der Lockdown. Australiens zweitgrößte Stadt Melbourne geht wegen eines drastischen Anstiegs der Corona-infektionen erneut in einen sechswöchigen Shutdown. Seit Anfang Juni hatte die rund fünf Millionen Einwohner zählende Hauptstadt des Bundesstaates Victoria die Wirtschaft wieder geöffnet. Ab Mittwoch Mitternacht werde man wieder strikte Ausgangssperren in Kraft setzen, erklärte Regierungschef Daniel Andrews.
Am Dienstag hatten die Gesundheitsbehörden 191 Neuinfektionen bestätigt, einer der höchsten Anstiege innerhalb eines Tages in Australien. Bis Dienstag hatte die Johnshopkins-universität im ganzen
Land 8755 Corona-infektionen und 106 Tote registriert.
Auch wenn die Ausgangssperre die Metropolregion Melbourne betrifft, ist praktisch der ganze Bundesstaat Victoria vom Rest des Landes abgeriegelt.
Peru: Der Andenstaat Peru hat sich zu einem Corona-notfall entwickelt. Bis Dienstag waren in dem 32Millionen-land mehr als 305.000 Menschen infiziert. Fast 11.000 sind gestorben. Am Montag gab es 2985 Neuinfektionen und 183 Todesfälle. Der frühe Lockdown der Regierung stieß an seine Grenzen, weil die Nöte der Menschen größer sind.
Anstatt die Häuser nur für die dringend notwendigen Nahrungsmitteleinkäufe zu verlassen, arbeiteten die Menschen wieder. Mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung sind im informellen Sektor, also der Schattenwirtschaft, beschäftigt. Und so gingen die Menschen viel zu früh wieder Schuhe putzen, Autos waschen oder an ihre Straßenverkaufsstände. Wenn man der Regierung um Präsident Martín Vizcarra etwas vorwerfen kann, dann, dass sie nicht konsequent genug die Einhaltung des Lockdowns durchgesetzt hat. In Chile, Kolumbien oder Kuba ist dies gelungen.