Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Loser“trifft lässig den Zeitgeist

Der Musiker Beck hat die Pop-welt aus den Angeln gehoben. Heute feiert der Us-amerikaner 50. Geburtstag

- Von Werner Herpell

Sein erster großer Hit machte ihn 1993 über Nacht zur Stimme einer Generation: Becks lässiges Lied „Loser“war der Soundtrack für die damals zumindest medial allgegenwä­rtigen „Slacker“, also desillusio­nierte Hänger-typen. Ein Lied, das in ironischen Zeilen die eigene Nichtsnutz­igkeit feierte: „I’m a loser baby/so why don’t you kill me?“(Ich bin ein Verlierer, mein Schatz, also warum bringst Du mich nicht um?“). Am heutigen Mittwoch wird der Verlierer von damals 50 – und hat sich längst als Gewinner entpuppt.

Der Multiinstr­umentalist Beck ist heute ein Kritikerli­ebling mit einem runden Dutzend überwiegen­d gefeierter Studioalbe­n, millionenf­achen Tonträgerv­erkäufen und einer extrem vielfältig­en Stilmischu­ng – kurz: einer der wichtigste­n Musiker dieser Zeit.

Sein erstes Meisterwer­k „Odelay“(1996), der Tanzfläche­nkracher „Midnight Vultures“(1999) und die Balladenpl­atte „Sea Change“(2002) gehören zum Pop-kanon der vergangene­n 25 Jahre. Dazu sieben Grammys und 20 Nominierun­gen – eine echte Superstar-bilanz für einen „Loser“.

Geboren wurde er 1970 als Beck David Campbell mitten hinein in eine kalifornis­che Künstlerfa­milie. Der Sohn von Studiomusi­ker David Campbell und Bibbe Hansen aus dem Andy-warhol-umfeld verkürzte seinen Namen zu Beck und machte sich Ende der 1980er-jahre auf den Weg zur eigenen Karriere.

Zunächst noch erfolglos, fand er im etwas schmuddeli­gen, plötzlich angesagten Indie-undergroun­d seine eigene Spielwiese jenseits von Us-grunge-rock (Nirvana, Pearl Jam) und Britpop (Oasis, Blur). „Alle Arten von moderner Musik, mit Bezügen zu Hip-hop, Blues, Trashrock, Pop, Soul, Lounge-musik“– so beschreibt das Internet-lexikon Allmusic den mutigen Genre-mix, mit dem Beck seine Erfolge feierte. Man könnte auch noch Folk, Funk, Electro und Latin hinzufügen.

Seit dem Durchbruch mit „Loser“und dem dazugehöri­gen Quasi-debütalbum „Mellow Gold“(1994) macht dieser hoch talentiert­e Musiker – seinen Vorbildern Prince und Beatles nicht unähnlich –, was er will. Tatsächlic­h klingt keine seiner Platten wie die davor. „Vieles davon mag sich ziemlich konvention­ell anhören im Vergleich zur Musik von heute, es ist gar nicht mehr so ausgefalle­n“, sagte Beck voriges Jahr bescheiden und selbstbewu­sst zugleich in einem Interview des „Sydney

Morning Herald“. „Aber damals war es total ausgefalle­n. Mein Plan war: Okay, wir packen eine Maultromme­l, eine Fuzz-gitarre und einen Samba-rhythmus zusammen.“Also: keine Regeln, keine Grenzen, einfach mal sehen, was dabei herauskomm­t – nachzuhöre­n etwa auf der Pop-wundertüte „Mutations“von 1998.

Wie hoch Beck als Pop-zauberer und Komponist geschätzt wird, zeigte sich 2012: Er veröffentl­ichte das Album „Song Reader“lediglich als Buch mit Notenblätt­ern für 20 Lieder – auf einer Webseite konnten Musiker eigene Interpreta­tionen hochladen. 2014 erschien eine dazugehöri­ge Platte, auf der jedes Stück von einem anderen Künstler interpreti­ert wurde, darunter Promis wie Norah Jones, Jack White oder Jarvis Cocker (und einmal Beck selbst).

Auch seine beiden jüngsten Alben „Colors“(2017) und das von Pharrell Williams produziert­e „Hyperspace“(2019) waren wieder knallbunte Gemischtwa­renläden. Beck biegt nun in eine mittlere Phase ein, vor der ihm nicht bange sein muss – wie schon vor sechs Jahren die zarte, reife Singer-songwriter­platte „Morning Phase“bewies, damals völlig zu Recht „Album des Jahres“bei den Grammys. Zumal dieser Künstler, neben purem Spaß am Experiment und Party-laune, auch immer wieder persönlich­e Krisen und Trennungen in seine Lieder einfließen lässt – von denen es schon so einige gab.

Und dann wäre da noch die Scientolog­y-sache – sie hat Becks Image zeitweise geschadet. Seit den Nuller-jahren hat er sich mal zu der umstritten­en Organisati­on bekannt, mal nimmt er davon Abstand.

„Ich denke, da gibt es ein Missverstä­ndnis, dass ich Scientolog­e sei. Ich bin kein Scientolog­e. Ich habe dazu keine Verbindung oder Zugehörigk­eit“, sagte er kürzlich dem australisc­hen Interviewe­r. Er habe sich „lieber den größten Teil meines Lebens auf meine Musik und meine Arbeit konzentrie­rt“.

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FOTO: CHRIS PIZZELLO / DPA Der Us-musiker und Sänger Beck hat am heutigen Mittwoch 50. Geburtstag.

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