Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Glückwünsche ändern sich
Lieber Freund, die Welt der Erinnerungen wird reichhaltiger. Es sind nicht die Geschehnisse des Gestrigen, die einen bewegen. Es sind die Erinnerungen an die Jugendund Kindheitstage.
Keine Sorge, „Mann“wird 80. Die Väter träumten von diesem Alter. Die Mütter machten es ihnen vor. Der jugendliche Schwung gelingt noch. Aber nur beim Tanzen kann er sich beweisen. Ein Tanz dauert nur wenige Minuten. Der Tag zählt sagenhafte 1440 davon, geschweige, es sich für eine Woche, einen Monat oder ein Jahr auszurechnen. Da lassen wir es mit dem permanenten Hüftschwung eben sein. Die verblassenden Jahre treten immer schärfer hervor. Je weiter sie entrücken, um so näher erscheinen sie. Der Geist vernebelt schon unbemerkt einige Zusammenhänge. Einzelheiten werden so deutlich wie nie zuvor. Sie haben ein Gewand, das schon morgens den Körper umhüllt. Es ist Vergangenheit und Zukunft zugleich.
Wenn nur die Erinnerungen nicht wären, würde der Vergleich mit dem Heutigen leichter fallen. Benennen wir stattdessen das Bleibende und das das spätere Leben Prägende. Die reichhaltigen und mannigfaltigen Erfahrungen stehen ganz oben auf der Leiter. Als Kind nie geschlagen worden zu sein. Mit Liebe und Hingabe in der Not der Kriegstage und Nachkriegsjahre Sprössling der Familie zu werden. Und wie erfinderisch die Zeit war. Das wenige Spielzeug lebte in einer berauschenden Fantasiewelt. Die Teilhabe an der harten Arbeit der Familie führte frühzeitig zum geschickten Umgang mit Werkzeugen und Geräten. Und der Sitz des Traktors animierte zum Fahren.
Die noch zu kurzen Beine erschwerten die Bedienung. Die Versuche sind öfter mit lauter Stimme unterbrochen worden. Und da waren die aufregenden ersten Schulstunden. Das erste Schuljahr beim strengen Lehrer Meusel. Was für ein Glücksfall, als in der vierten Klasse das junge Fräulein Pfitzner gekommen ist. Nicht zu spät, um noch zu erfahren, wie Schule ohne Rohrstock sein kann.
Die Spiegel im Hause dienen heute dem Rest einer Frisur, die nur einseitig eine Elvis-locke von damals vorzutäuschen vermag. Gegenwärtig können die Haare ungehindert wachsen – wegen des Abstandes von 1,50 Meter. Da bleiben sie wenigstens dort liegen, wo sie eigentlich nicht hingehören. Hüftschwung und Geist. Letzteres zu beleuchten, könnte die Seite sprengen. Dir zu diesem denkwürdigen Tag alles Gute, Gesundheit und einen nie enden wollenden Hüftschwung in geistiger Frische.