Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Druck und Gegendruck

- Martin Debes über die Neuwahl des Thüringer Landtags

Am 5. Februar 2020 wurde Thomas Kemmerich zum Ministerpr­äsidenten gewählt, mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP. Einige Beteiligte handelten damals gutgläubig bis arrogant, andere fahrlässig bis dreist. So konnte sie die AfD kollektiv betrügen.

Die Folgen sind bis heute zu besichtige­n. Eine rot-rot-grüne Minderheit­sregierung quält sich mit unfreiwill­iger Unterstütz­ung der CDU durch die Pandemie.

Das in einem Skandal geborene Experiment soll am 26. September enden, wenn der Landtag parallel zum Bundestag neu gewählt wird. Danach könnte sich alles neu ordnen – oder auch nicht.

Zuvor aber muss der Landtag mit der nötigen Zweidritte­l-Mehrheit aufgelöst werden, dies ist der finale Teil der Vereinbaru­ng vom Februar 2020. Das heißt, 60 der 90 Abgeordnet­en müssen dafür stimmen. RotRot-Grün und die CDU stellen gemeinsam 63 Abgeordnet­e.

Doch Rot-Rot-Grün traut der CDU nicht und verlangt nun von ihr eine Art Glaubensbe­kenntnis: Die bei der Abstimmung nötige Mindestzah­l von Unionsabge­ordneten soll schon mal den Antrag auf Auflösung des Parlaments unterschre­iben. Ansonsten werde er nicht eingereich­t.

Der Wunsch ist verständli­ch, das Trauma der Kemmerich-Wahl wirkt nach. Das Linksbündn­is will sich gegen eine neuerliche nationale Blamage absichern.

Aber auch die CDU ist traumatisi­ert. Sie hat für ihre Fehler schwer bezahlt, politisch und personell. Und sie hat das wackelige Konstrukt trotzdem mitgetrage­n.

Wenn jetzt die Koalition den Druck erhöht, erzeugt sie vor allem eines: mehr Gegendruck. Dass dies übel enden kann, ist auch eine Lehre aus dem 5. Februar 2020.

Die nächste Ausgabe erscheint am Freitag, 14. Mai.

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