Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Rot-rot-grünes Ultimatum
Die Koalition verlangt von der Union Unterschriften für die Neuwahl des Landtags
Erfurt. Vor der geplanten Selbstauflösung des Thüringer Landtags erhöhen die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen den Druck auf die CDU. Ihre Forderung: Bereits der gemeinsame Antrag soll von mindestens 60 Abgeordneten unterzeichnet werden.
Alle vier Fraktionen müssten frühzeitig dokumentieren, dass die Zweidrittel-Mehrheit für eine Neuwahl des Parlaments stehe, sagte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes. Die CDU sollte „während des gesamten Prozesses“deutlich machen, dass sie zu den getroffenen Vereinbarungen stehe. „Es ist unvorstellbar, dass wir in eine Abstimmung hineingehen, in der wir uns wieder zum Spielball der AfD machen“, erklärte er.
Ähnlich argumentieren die Grünen: Ohne die 60 Unterschriften aus den Fraktionen von CDU, Linke, SPD und Grünen „gibt‘s keinen Auflösungsantrag“, erklärte Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich ultimativ per Twitter. Rot-Rot-Grün werde alle 42 verfügbaren Stimmen liefern. Die „spannende Frage“sei, ob 18 Stimmen aus der Fraktion kämen, die insgesamt 21 Abgeordnete zählt. Von AfD und FDP werde sich die Koalition jedenfalls „nicht abhängig“machen.
CDU-Fraktionschef Mario Voigt wies die Forderung zurück. „RotRot-Grün sollte endlich lernen, dass man uns nicht zu irgendetwas zwingen kann“, sagte er. „Mit dieser linken Arroganz hat man schon genügend Schaden angerichtet.“
Die CDU stehe zu der Vereinbarung, gemeinsam mit Rot-Rot-Grün Neuwahlen einzuleiten, erklärte Voigt. Dazu gehöre aber nicht, aus symbolpolitischen Gründen einen Antrag mit Zweidrittel-Mehrheit einzubringen, für den nur ein Drittel der Stimmen nötig sei. „Wir haben beim Haushalt und vielen anderen Abstimmungen bewiesen, dass wir uns an das halten, was gegenseitig verabredet wurde“, sagte der Fraktionschef.
„Ich vertraue Herrn Voigt zwar, wenn er sagt, dass die Fraktion steht“, sagte dazu SPD-Fraktionschef Matthias Hey. „Wenn sie aber steht, dann kann sie auch in Gänze den Antrag mit unterschreiben.“
Nach dem Skandal um die Wahl von Ministerpräsident Thomas
Kemmerich (FDP) mit Stimmen von AfD, Union und Liberalen im Februar 2020 hatten Rot-Rot-Grün und CDU einen sogenannten Stabilitätspakt geschlossen. Die Vereinbarung sah nach der Wiederwahl von Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) – bei der sich die CDU-Fraktion enthielt – eine parlamentarische Zusammenarbeit bis zur Neuwahl des Landtags vor.
Anfang dieses Jahres entschieden die vier Fraktionen, dass sich wegen der Pandemie der ursprünglich für 25. April geplante Wahltermin nicht halten lasse. Die Landtagswahl soll nun mit der Bundestagswahl am 26.
September stattfinden. Für die zuvor notwendige Selbstauflösung des Landtags müssen mindestens 60 der 90 Abgeordneten stimmen. Der Antrag dafür ist von mindestens 30 Abgeordneten einzureichen. Die Abstimmung soll am 19. Juli stattfinden. In der CDU-Fraktion gibt es bis zu sechs Abgeordnete, die Neuwahlen kritisch sehen, drei scheinen zu einem Nein entschlossen. Damit dürfte die Entscheidung sehr knapp ausfallen. Zuletzt hatten zwei ExCDU-Abgeordnete in einem Brief unter anderem vor einer Niederlage der Union bei Neuwahlen gewarnt und deshalb davon abgeraten.