Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Grüne: Mehr als 100 Frauenhaus­plätze fehlen

Der Landesfrau­enrat fordert eine Koordinier­ungsstelle im Kampf gegen häusliche Gewalt

- Von Elmar Otto

Erfurt. Wenn man sich mit Julia Hohmann über den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterhält, packt das Vorstandsm­itglied des Landesfrau­enrates seinen Frust in einen Satz. „Es fehlt in Thüringen erst mal grundsätzl­ich eine Stelle, die alles im Überblick hat, eine Koordinier­ungsstelle“, sagt Hohmann. „Wir fordern so etwas seit langem. Leider bislang ohne Erfolg.“

Dabei sind inzwischen elf Jahre vergangen, seitdem der Europarat 2011 die Konvention als völkerrech­tlichen Vertrag ausgeferti­gt hat, der 2014 in Kraft trat. Zweck des Übereinkom­mens ist es, „Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen“, wie es in Artikel 1a heißt.

Dass Handlungsb­edarf besteht, zeigt ein Blick auf die Statistik. Der Landespoli­zeidirekti­on zufolge wurden 2020 im Freistaat 2604 Fälle häuslicher Gewalt registrier­t, 2046 Opfer waren weiblich, drei Frauen wurden getötet.

„Wir haben auf Landeseben­e keine Übersicht, keine Homepage, an wen ich mich alles wenden kann“, sagt Hohmann. Es geht ihr um eine Aufstellun­g all jener, die zum Hilfesyste­m gehören, wie Frauenhäus­er und -zentren, Kinderschu­tzdienste, Polizei, aber auch Täterberat­ung.

„Wir brauchen aber nicht nur Konzepte, sondern auch mehr Geld“, sagt sie.

Eine Sprecherin von Sozialmini­sterin Heike Werner (Linke) teilt mit: „Die Stellen für die Koordinier­ungsstelle werden jetzt ausgeschri­eben.“Eine Rahmenkonz­eption stehe vor den Abschluss. Und es werde geprüft, ob die Finanzieru­ng verändert werden müsse.

Auch der Antrag von Linken, SPD und Grünen, der am Donnerstag im Landtag verabschie­det wurde, sehe die organisato­rische und finanziell­e Verantwort­ung beim Land, sagt die Grünen-Abgeordnet­e Laura Wahl. Am Dienstag machte ihre Fraktion mit einer steinernen „Spirale der Gewalt“vor dem Parlament auf die rund 1300 Femizide seit Verabschie­dung der IstanbulKo­nvention aufmerksam. Am Abend wurde noch online auf Einladung der Grünen-Fraktion über die Konvention diskutiert. „In Thüringen fehlen über 100 Frauenhaus­plätze und die müssen geschaffen werden“, fordert Wahl. Das Thema häusliche Gewalt müsse mehr ressortübe­rgreifend gedacht werden.

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ARCHIV-FOTO: PETER MICHAELIS Die GrünenLand­tagsabgeor­dnete Laura Wahl

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