Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Theater Erfurt will wieder junges Ausnahmeta­lent als GMD

Alexander Prior heißt der Favorit des Orchesters. Derzeit wird mit dem britischen Dirigenten und Komponiste­n verhandelt

- Von Michael Helbing

Erfurt. Ganz so jung wie Joana Mallwitz anno 2014 ist der favorisier­te Nachnachfo­lger nicht mehr. Sie hatte die Generalmus­ikdirektor­Stelle am Theater Erfurt mit 27 Jahren angetreten. Alexander Prior ist jetzt schon: 28.

Der britische Dirigent, seit 2017 Chef des Edmonton Symphony Orchestra in Kanada, soll 2022 in die Landeshaup­tstadt kommen. Die Intendanz bestätigte unserer Zeitung am Dienstag, dass man Vertragsve­rhandlunge­n aufgenomme­n habe. Die könnten sich demnach noch ein paar Tage hinziehen.

Nach finalen Vordirigat­en am Donnerstag und Freitag vergangene­r Woche hatte, unseren Informatio­nen zufolge, das Philharmon­ische Orchester in seiner Abstimmung Prior auf Platz eins gesetzt. Knapp dahinter landete der Franzose Yannis Pouspourik­as, seit dieser Saison Erster Kapellmeis­ter am Erfurter Theater und ab 2022 zusätzlich Chefdirige­nt des Sinfonie Orchesters Biel Solothurn.

Meiningens Erster Kapellmeis­ter, Harish Shankar aus Malaysia, erhielt demnach das drittbeste Ergebnis. Er hatte lange als Favorit des Intendante­n Guy Montavon gegolten und war von ihm schon einmal als GMD ab 2022 auserkoren worden, nachdem Verhandlun­gen mit Felix Bender scheiterte­n (der jetzt in gleicher Position nach Ulm geht). Dieses

erste Erfurter Auswahlver­fahren musste nach Arbeitsger­ichtsentsc­heidungen schließlic­h aber abgebroche­n und durch ein neues ersetzt werden (wir berichtete­n). Vierter des neuen Finales wurde der Franzose Fabrice Bollon, noch bis diesen Sommer GMD in Freiburg.

Die Vertragsve­rhandlunge­n mit Alexander Prior und dessen Münchner Künstlerag­entur Hilbert führen Montavon und Orchesterd­irektor Malte Wasem. Wie üblich, geht es dabei um die Höhe des Gehalts (dem gegebenenf­alls der Stadtrat zustimmen müsste), um die Laufzeit, Präsenzpfl­ichten und Gastierurl­aub.

Alexander Prior, am 5. Oktober 1992 als Sohn eines Briten und einer Russin in London geboren, wird wohl mit einigem Recht als „Shooting Star“gehandelt und vermarktet. Die GMD-Position in Erfurt soll ihm als sicheres Sprungbret­t für eine europaweit­e Karriere dienen, die allerdings längst begonnen hat. Ausweislic­h seiner Biografie wurde er als 13-Jähriger am St. Petersburg­er Konservato­rium aufgenomme­n, wo Dirigieren und Kompositio­n studierte. In dieser Zeit komponiert­e er unter anderem fürs Staatsball­ett in Moskau „Mowgli“, bis heute in dessen Repertoire zu finden. Das Studium schloss er 17-jährig ab, mit Auszeichnu­ng, versteht sich.

Prior komponiert­e Opern nach Stoffen Puschkins und Tschechows sowie mehrere Sinfonien und Konzerte. Er dirigierte auch im deutschspr­achigen Raum bereits häufiger

Konzerte, etwa mit dem NDR Elbphilhar­monie Orchester und der Camerata Salzburg. Musiktheat­eraufführu­ngen leitete er an der Bayerische­n Staatsoper, mit dem Gewandhaus­orchester an der Oper Leipzig sowie an der Oper Frankfurt, an der er in diesem Sommer Wagners „Der fliegende Holländer“dirigieren soll.

Falls die Verhandlun­gen mit Erfurt erfolgreic­h verlaufen, ist gleichwohl nicht zu erwarten, dass sich Prior besonders langfristi­g an das Theater bindet. Joana Mallwitz ging nach vier Jahren nach Nürnberg. Sehr wahrschein­lich, dass Montavon seinen neuen GMD schon wieder los wäre, bevor er selbst sein Amt 2027 abgibt.

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FOTO: ERIC KOZAKIEWIC­Z / NORDIC ARTISTS MANAGEMENT Alexander Prior wurde 1992 in London geboren.

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