Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

DFB-Präsident Keller vor Rücktritt

Der Deutsche Fußball-Bund zieht Konsequenz­en aus der Krise: Verbandsch­ef will Amt zur Verfügung stellen, auch Generalsek­retär Curtius geht

- Von Sebastian Weßling

Frankfurt. Aus heiterem Himmel kam die Nachricht nicht mehr, aber der Zeitpunkt überrascht­e dann doch – auch viele Mitarbeite­r und Funktionär­e des Deutschen Fußball-Bundes. So mancher von ihnen hatte sich schon auf den Weg gemacht nach Berlin, zum Pokalfinal­e zwischen Dortmund und Leipzig. In der Hauptstadt erreichte sie dann die jüngste Volte im seit Monaten währenden Machtkampf in der Verbandssp­itze. Und die sorgt für ein mächtiges Beben: Der nach einem Nazi-Vergleich massiv angeschlag­ene Präsident Fritz Keller wird sein Amt zur Verfügung stellen – aber auch seine Gegner werden ihre Posten räumen. Der krisengesc­hüttelte DFB steht vor einem echten Neuanfang.

Stundenlan­g hatte das DFB-Präsidium gestern in Frankfurt getagt. Fritz Keller war vor Ort, andere Teilnehmer waren zugeschalt­et. Am Ende hieß es: Keller habe „aus eigener freier Entscheidu­ng in Verantwort­ung des Amtes als Präsident“seine grundsätzl­iche Bereitscha­ft erklärt, nach Abschluss der Verhandlun­g vor dem Sportgeric­ht am kommenden Montag, sein Amt zur Verfügung zu stellen – so teilte es der Verband reichlich umständlic­h mit.

Generalsek­retär Friedrich Curtius wird ihm folgen, sobald der Vertrag des ranghöchst­en Hauptamtli­chen im Verband aufgelöst und die

Amtsgeschä­fte übergeben sind. Die beiden Ersten Vizepräsid­enten Rainer Koch und Peter Peters übernehmen vorerst als Interimspr­äsidenten – bleiben aber nur bis zu den nächsten Neuwahlen im Amt.

Auch Koch tritt ab – aber nicht sofort

Koch wird beim nächsten Ordentlich­en Bundestag nicht mehr für das Amt des Ersten Vizepräsid­enten Amateure kandidiere­n – über seine übrigen gewichtige­n Ämter als Präsident des Süddeutsch­en und des Bayerische­n Verbandes wurde zunächst nichts bekannt. Schatzmeis­ter Stephan Osnabrügge hatte bereits verkündet, sich zurückzuzi­ehen. Der nächste Ordentlich­e Bundestag,

auf dem die Führungsäm­ter neu vergeben werden, soll vorgezogen werden auf Anfang kommenden Jahres.

Keller, erst seit September 2019 im Amt, war schwer in die Kritik geraten, nachdem er Koch mit dem Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hatte. Danach waren auch viele Unterstütz­er von ihm abgerückt, Kellers Kritiker nutzten den Fehler weidlich aus. Curtius zeigte ihn bei der Ethik-Kommission an, die Konferenz der Landes- und Regionalve­rbände entzog ihm das Vertrauen.

Keller aber klammerte sich zunächst an sein Amt. Sein Ziel: Wenn er schon würde gehen müssen, sollten auch Koch und Curtius ihren Platz räumen. Das Wirken der beiden war dem Präsidente­n schon lange ein Dorn im Auge, mehrfach hatte er versucht, Curtius loszuwerde­n – dafür aber keine Mehrheit in den Verbandsgr­emien bekommen.

Im Mittelpunk­t der Auseinande­rsetzungen steht ein üppig dotierter Vertrag mit dem Kommunikat­ionsberate­r Kurt Diekmann, den Koch, Curtius und Osnabrügge eingefädel­t hatten. Allerdings konnte das Trio nie erklären, wofür genau Diekmann das Geld bekam. Interne Untersuchu­ngen warfen zahlreiche Fragen dazu auf, die noch nicht allesamt beantworte­t sind. Der Weg für einen Neuanfang im Verband ist nun frei – allerdings werden die Altlasten den DFB noch eine ganze Weile begleiten

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FOTO: AFP Noch-Präsident Fritz Keller

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