Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Freiheit der Meinung steht an erster Stelle
Buchmesse beginnt mit Autorenabsagen
Frankfurt/Main. Die Frankfurter Buchmesse hat mit einer Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit begonnnen. „Wir bedauern, dass einzelne Autor*innen ihre Auftritte auf der Frankfurter Buchmesse 2021 abgesagt haben“, hieß es am ersten Fachbesuchertag in einer gemeinsamen Erklärung der Buchmesse und des Börsenverein des Deutschen Buchhandels. „Ihre Stimmen gegen Rassismus und ihr Eintreten für Diversität werden auf der Frankfurter Buchmesse fehlen.“
Jasmina Kuhnke („Schwarzes Herz“) hatte ihren Auftritt auf der Messe wegen der Anwesenheit des Jungeuropa-Verlags abgesagt. Die Buchmesse rechtfertigte die Entscheidung, niemanden auszuschließen: „Meinungs- und Publikationsfreiheit stehen für uns an erster Stelle.“Alle Verlage, die sich im Rahmen der Rechtsordnung bewegten, dürften in Frankfurt ausstellen – „auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen“. Verlage oder ihre Produkte zu verbieten, sei in einem Rechtsstaat die Aufgabe von Gerichten.
An den ersten beiden Tagen ist die Buchmesse zunächst nur für Fachbesucher geöffnet. 25.000 pro Tag sind zugelassen. Gastland ist Kanada. 2000 Verlage und Unternehmen aus 80 Ländern werden erwartet. Mehr als 300 Autorinnen und Autoren stellen ihre Bücher vor, 1400 Veranstaltungen sind geplant. Die Buchmesse dauert bis zum Sonntag, 24. Oktober.
Am Mittwochmorgen bildeten sich lange Schlangen am Eingang zum Messegelände: Besucher mussten ihr elektronisches Ticket vorzeigen, ihren Impf-, Test- oder Genesenen-Nachweis vorlegen und sich mit dem Personalausweis ausweisen. In den Hallen war mehr Platz, die Gänge sind breiter als früher. Zudem finden viele Veranstaltungen im Internet statt. Auf dem „Blauen Sofa“oder der ARD-Bühne in der Festhalle waren dennoch die ersten Prominenten zu erleben.
Buchpreis-Gewinnerin Antje Rávik Strubel („Blaue Frau“) kritisierte die deutsche Rechtsprechung im Umgang mit sexuellem Missbrauch. Es sei „erschreckend“, wie wenige Fälle zur Anzeige kämen, sagte sie. Noch viel seltener würden die Täter verurteilt. Ein Grund dafür sei, „dass den Frauen nicht geglaubt wird.“Anders als etwa in skandinavischen Ländern seien die Frauen zudem gezwungen, den Tätern vor Gericht wiederzubegegnen.
Der Historiker Per Leo („Mit Rechten reden“, „Tränen ohne Trauer“) warnte davor, über dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus die Täter zu vernachlässigen. „Wir haben es mit permanenten Versuchen der Selbstentlastung zu tun“, sagte Leo. dpa
-KINO
BLEICHERODE